RUN FOTO: GORE Running Wear TEXT: Edith Zuschmann 42 SPORTaktiv
Laufen ist weiblich WENN FRAUEN HEUTE IHRE LAUFSCHUHE SCHNÜREN, geht es nicht unbedingt um Hochleistungstraining. Vielmehr steht Laufen für weiblichen Lifestyle. Eine im wahrsten Sinne des Wortes weltweite Bewegung – die Frauen und Sport in ein neues Licht rückt. Frauen gefährden durch langes Laufen ihre Fruchtbarkeit.“ „Frauen mutieren zu Männern, wenn sie regelmäßig Laufsport betreiben.“ „Frauen fällt beim Laufen die Gebärmutter heraus.“ Verrückt, oder? Und doch sind das Ansichten, die hochrangige Mediziner noch vor fünf Jahrzehnten propagierten. Die Laufpionierinnen der 70er-Jahre, allen voran Kathrine Switzer, die 1967 als erste Frau offiziell einen Marathon finishte, belehrten sie eines Besseren. Sie blieben Frauen – und sind es nach wie vor. Heute weiß jedes Kind, dass Laufen sowohl für Frau als auch Mann nicht nur gesund ist und fit hält: Es macht attraktiv, beugt einer Vielzahl von Erkrankungen vor, fördert das physische wie psychische Wohlbefinden und gilt als wahrer Jungbrunnen. Das belegen nicht nur aktuelle Forschungsstudien, sondern eine rund um den Globus hunderte Millionen große, begeisterte Läuferinnenschar. Überall auf diesem Planeten laufen Frauen jeden Alters, Statur und sozialer Herkunft. Mussten die Vorreiterinnen teilweise noch auf versteckten Pfaden ihre Kilometer zurücklegen, präsentiert sich die heutige Läuferinnengeneration offen und selbstbewusst. Ja, der Laufsport sorgte in den letzten Jahrzehnten in vielen Ländern sogar für eine kleine gesellschaftliche Revolution. So etwa in Japan, wo Frauen bis in die 1970er-Jahre unterwürfig ihren Männern dienen mussten. Denn Helden waren männlich. Heute sieht es anders aus: Gerade die japanischen Marathonläuferinnen werden wie Göttinnen verehrt. Ähnlich passiert in den ostafrikanischen Laufnationen. Dort eröffnet dieser Sport den Frauen neue Perspektiven und sie beginnen, traditionelle Gesellschaftsmuster zu durchbrechen. TREIBENDE KRAFT Aktuell sind es Frauen, die weltweit die Teilnehmerzahlen an Laufevents in die Höhe klettern lassen. Während in Europa der Anteil an Marathonläuferinnen erst etwa 20 Prozent ausmacht, liegt das Geschlechterverhältnis bei Marathonbewerben in den USA bereits bei 50:50. 2014 verzeichneten die amerikanischen Straßenläufe insgesamt 10,7 Millionen Teilnehmer – und 57 Prozent davon waren Frauen! Bei US-Halbmarathons 2014 waren sogar 61 Prozent der Teilnehmer weiblich. Ein Trend, der seinen Weg auch nach Europa findet: Hierzulande erfreuen sich besonders Frauenläufe großer Beliebtheit – mit über 30.000 Anmeldungen reiht sich der österreichische Frauenlauf am 22. Mai in Wien weltweit unter die größten seiner Art ein. Und auch gemischte Laufbewerbe erfreuen sich regen weiblichen Zulaufs. Tendenz steigend. DIE ANZIEHUNGSKRAFT Aber nicht nur die Eventszene, sondern auch die Sportartikelindustrie profitiert vom weiblichen Geschlecht. Farbenfrohe Damenkollektionen, schicke Laufunterwäsche, das passende Sport-Make-up und vieles mehr – laufende Frauen gelten als treibende Umsatzträger in der direkten und mittelbaren Sportwirtschaft. Aber warum erfreut sich gerade diese Sportart bei Frauen solch einer großen Beliebtheit? Ganz oben steht schlichtweg die Einfachheit: Losstarten lässt es sich überall und zu jeder Zeit. Anfahrtswege, spezielle Infrastruktur und teures Equipment fallen weg, der Organisationsaufwand ist minimal. Hinzu kommt auch der Zeit- Wert-Faktor: Bereits 30 Minuten Laufen bringt nachweislich einen hohen physischen und auch mentalen Nutzen. Zudem lassen sich, je nach Intensität und Dauer, alle Fitnessrelevanten Faktoren trainieren: Ausdauer, Kraft, Koordination, Beweglichkeit und Schnelligkeit. Das kommt alljenen entgegen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen. Und natürlich nicht zu vergessen: Viele Frauen suchen nach einer effizienten Nr. 2; April / Mai 2016 43
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