Aufrufe
vor 4 Jahren

SPORTaktiv April 2020

  • Text
  • Sport
  • Sporturlaub
  • Events
  • Trainingscamps
  • Profisport
  • Outdoor
  • Fitness
  • Mountainbike
  • Rennrad
  • Biken
  • April
  • Magazin
  • Laufen
  • Sportaktiv

DAS PURE LEBEN WENN

DAS PURE LEBEN WENN WENIGER MEHR IST, WIE VIEL IST DANN EIGENTLICH GAR NICHTS? BEIM HEILFASTEN WIRD DER KÖRPER AUF NULLDIÄT GESETZT. DAMIT ER IN RUHE REGENERIEREN KANN. SPORTAKTIV-MITARBEITER AXEL RABENSTEIN HAT’S GETAN. UND DABEI DEN TIEFEREN SINN DER ASKESE ERLEBT. VON AXEL RABENSTEIN Was haben Kate Moss und Hannes Reichelt gemeinsam? Beide waren sie schon zu Gast im VIVA- MAYR-Kurhotel in Altaussee. Ich selbst bin weder Model noch Streif-Sieger. Aber ich bin jetzt 45 Jahre alt. Und das, so war die Idee, ist ein guter Anlass, um im steirischen Salzkammergut den Versuch zu starten, zwischen mir und meinem Körper reinen Tisch zu machen. Der Plan lautet wie folgt: Von Montag bis Freitag nehme ich ausschließlich Brühe zu mir. Dazu gibt’s Nahrungsergänzungsmittel in Form von Basenpulver und Magnesium-Zink-Citrat sowie literweise Tee und stilles Wasser. So kann ich mal runterkommen. Und von Grund auf entgiften. Am Sonntag reise ich an. Abends erhalte ich das letzte feste Essen, einen Kautrainer aus Buchweizen. Dieser wird gekaut und gekaut, so um die 30 bis 50 Mal. Erst dann wird geschluckt. Warum das so sein sollte? Weil im Mund das menschliche Verdauungssystem beginnt. Ich esse zu hastig, verschlucke mich und spüle mit Basenbrühe nach. Das ist mir peinlich, die anderen Gäste im Speisesaal gehen routinierter mit ihrem Essen um. Nicht alle sind allerdings auf der gleichen Diät, manche reduzieren nur die Mengen, verzichten auf gesättigte Fettsäuren und jene Lebensmittel, die uns übersäuern. Und das sind leider die meisten: von Fleisch und Fisch über Brot und Nudeln bis hin zu Milchprodukten. Der Dresscode ist erfrischend leger, von Jeans bis Schlafanzug ist alles dabei. Eines verbindet jedoch alle, die hier essen: das bewusste Aufnehmen der Nahrung. Denn das sei von hoher Bedeutung für unsere Verdauungstätigkeit, wie mir Dr. Sepp Fegerl erklärt – der Arzt, der mich in dieser Woche betreuen wird: „Unser vegetatives Nervensystem verfügt über zwei funktionelle Gegen- Fotos: Axel Rabenstein 18 SPORTaktiv

Fasten, frieren, viel Zeit für Körper und Seele. Autor Axel Rabenstein bei seiner Fasten- Premiere in Altaussee. spieler. Der Sympathikus erhöht unsere nach außen gerichtete Aktionsfähigkeit, während der Parasympathikus die inneren Organe steuert, der Erholung, Reparatur und Weiterentwicklung dient.“ Hängen wir über der Zeitung oder dem Smartphone, sind wir nicht bei uns. Das Konzentrieren aufs Essen und unser Selbst hingegen hilft uns zu verdauen und die Nahrung schonend mit dem Körper aufzunehmen. Ich sitze da, kaue meine Semmel, spüre, wie ich mir Bissen um Bissen einverleibe und frage mich, wie etwas so Grundsätzliches in unserem Leben so nebensächlich werden kann. Der nächste Morgen. Ich habe keinen Hunger. Und nicht einmal schlechte Laune. Es mag daran liegen, dass es keinen Zweifel daran gibt, dass ich fasten möchte. Aus meinem Zimmer überblicke ich den See. Halb grau, halb spiegelnd liegt er zwischen den Bergen. Die Szenerie erinnert an ein Schwarz-Weiß- Foto. Alles wirkt still und reduziert. Dr. Sepp Fegerl sehe ich jeden Tag zur „ärztlich manuellen Bauchbehandlung“ und allgemeinen Konsultation. „Ich verschaffe mir mit den Händen einen Überblick über die Aktivitäten von Dünn- und Dickdarm“, sagt er, „zudem wirkt die Massage als Lymphdrainage für die im Bauch liegenden Organe und tonisiert den Darm.“ Ich lerne, dass unser Darm ein acht Meter langer Muskelschlauch ist, der es mit seinen Zotten und Ausstülpungen auf die Fläche eines Tennisplatzes bringt. Ich lerne, dass hier gut 70 Prozent unseres Immunsystems sowie mehr als 100 Millionen Nervenzellen angesiedelt sind, die sich über den Vagus-Nerv auf intensive Weise mit unserem Gehirn austauschen. Und ich lerne, dass mein Körper sich in den kommenden Stunden auf volle Effizienz einstellen wird. Zunächst verbrauche ich gespeicherte Kohlenhydrate. Das Glykogen taugt noch rund eineinhalb Tage als SPORTaktiv 19

Magazin // E-Paper