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SPORTaktiv April 2020

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Viel Geschichte, viel

Viel Geschichte, viel bergauf, aber auch viele grandiose Ausblicke machen den Marathon in Jerusalem besonders. Die Knesset, das israelische Parlament, und das stattliche Gebäude des Gerichtshofs liegen in unmittelbarer Nähe. Gleich zu Beginn bekommt man einen Vorgeschmack auf das, was noch kommt: Hügel. Jener auf der Schleife rund um den Giv’at Ram-Campus der Hebräischen Universität und der Nationalbibliothek ist noch milde. Als Belohnung wartet eine schöne Aussicht auf die vom renommierten Architekten Santiago Calatrava gebaute Hängebrücke der Straßenbahn, wegen ihres Designs „Weiße Harfe“ genannt, und eine rasante Bergab- Passage Richtung New Gate. Bis vor 50 Jahren verlief hier die Grenze zwischen Jordanien und Israel. Die hier gutgemachte Zeit „frisst“ aber schon der nächste Anstieg. Linkerhand zunächst das Rathaus und dann ein Wohnviertel orthodoxer und ultraorthodoxer Juden. Sie schlendern desinteressiert am Sportgehechel draußen auf der breiten Allee auf den Gehsteigen dahin. Leicht zu erkennen an ihren dunklen, knielangen Mänteln samt weißen Hemden, mit großen, schwarzen Hüten und sich unter der breiten Krempe herausdrechselnden Locken. Es geht Richtung Norden, hinaus zum nächsten Uni-Campus: jenem der Hebrew University am Mount Scopus. Mount? Berg? Heißt nicht nur so, fühlt sich auch so an. Man will nicht klagen, aber einen echten Laufrhythmus zu finden, ist fast unmöglich. Motivation von Zuschauern zu tanken, ist in diesem Abschnitt der Strecke unmöglich. Es gibt nämlich so gut wie keine. Das liegt auch daran, dass die hier lebenden Palästinenser kaum Interesse am Lauf haben, bei der Premiere aus politischen Gründen sogar zu einem Boykott der Veranstaltung aufgerufen hatten. Zudem ist der Lauftag ein Freitag, der arbeitsfreie Tag der arabischen Bevölkerung. Da haben sie Besseres zu tun. DIE AUSBLICKE AUF DIE ALT- STADT UND DIE GOLDENE KUPPEL DES ISLAMISCHEN FELSENDOMS SIND EINZIG- ARTIG. Nur jede Menge Läufer begegnen einem entlang des breiten, als Pendelstrecke geführten Boulevards rauf zur Universität. Hinauf schnaufen sie, hinunter lächeln sie. Verständlich: Die Ausblicke auf die Altstadt und die in der Morgensonne funkelnde, stadtbildprägende goldene Kuppel des islamischen Felsendoms sind einzigartig. Und noch etwas sieht man hier deutlich: die enormen Sicherheitsvorkehrungen. Wie viel Personal Polizei, Militär und Sicherheitsdienste für die Veranstaltung abgestellt haben, verraten die Organisatoren nicht. Es dürften mehr sein, als man mit freiem Auge erkennen kann. Die, die man sieht, tragen dunkle Uniformen, martialische Sturmgewehre, schusssichere Westen – und ein Lächeln im Gesicht. Ein Foto? „Sure! Where are you from?“ Die Antwort erstaunt ihn. Als Österreicher scheint man unter den 40.000 Teilnehmern aus 80 Nationen, die an diesem Laufwochenende (Kinderlauf, 5k, 10k, Halbmarathon, Marathon) mitmachen, noch immer als Exot. Kein Wunder, sind ja auch nur 17 Landsleute am Start. Nach dem Ausblick folgt der Einblick. Es geht – runter – Richtung Altstadt. Und das einzige Mal hinter die geschichtsträchtige Stadtmauer. Vorbei am muslimischen und christlichen Viertel, dem Davidsturm und der modernen Shoppingmall samt Hotel biegt man durch das Jaffa-Gate – hinauf – in eine 46 SPORTaktiv

verwinkelte Gassen-Schikane im armenischen Viertel. Danach durchs Zion Gate wieder raus und wieder runter. Vorbei an König Davids Grabmal und dem Saal, wo das letzte Abendmahl stattgefunden haben soll. Dahinter, auf dem römisch-katholischen Franziskanerfriedhof am Berg Zion, liegt das Grab von Oskar Schindler – filmbekannter Menschenretter im Zweiten Weltkrieg. 3000 Jahre Geschichte auf engstem Raum. Nur dass sich dieser Raum halt nie eben zeigt. Man läuft hinunter, nur um unten mit einem Clown auf Stelzen und eifrig trillerpfeifenden und singenden Mädchen abzuklatschen und am Gegenhang wieder raufzulaufen. Keine Bestzeit jagen, sondern die Strecke mit den Augen genießen, hatte der Bürgermeister am Vortag geraten. Er kennt seine Stadt. Der Jerusalem-Marathon genießt nicht umsonst den Ruf eines der weltweit schwierigsten Citymarathons. Nach 30 Kilometer wissen die Beine, warum. Dabei wartet die wahre Prüfung noch. Wieder zeigt der Höhenmesser nach oben. Entlang einer aufgelassenen Eisenbahnstrecke – heute ein lauschiger Spazierweg – schnauft man Richtung „First Station“, des alten Bahnhofsgebäudes, das heute ein Museum beheimatet. Irgendwo zwischen Kilometer 35 und 38, nach mühsamen Raus-und-wieder-rein-Passagen mit engen Wendepunkten und kleineren Kuppen, zeigt Jerusalems Hügellandschaft dann noch einmal, was sie kann. Und sie kann viel! An ein Laufen ist jetzt nicht mehr zu denken. Auch die folgende Downhill-Sektion bringt allerdings noch keine Erlösung. Bevor es zurück in den Sacher-Park und Richtung Zielgerade geht, fällt die Strecke immer wieder kurz ab, um nach der nächsten Kurve wieder knackig nach oben zu führen. Bestes Terrain für Intervalltraining, aber nicht am Ende eines Marathons. Aber dann! Nach knapp unter dreieinhalb Stunden eine letzte Unterführung. Der blaue Teppich der Zielgerade. Eine geballte Faust. Ein erleichtertes Lachen. 3000 JAHRE GESCHICHTE AUF ENGSTEM RAUM. NUR DASS SICH DIESER RAUM HALT NIE EBEN ZEIGT. Kleine Zeitung Graz Marathon Der österreichische Herbstklassiker durch die Grazer Innenstadt! Sei dabei wenn es vom 9. bis 11. Oktober 2020 heißt: „Pack die Laufschuhe und die Shoppingtasche ein!“ Distanzen von 5 bis 42 km Kinder- und Jugendläufe Lauf-Urlaub-Packages für die ganze Familie Knapp 10.000 Teilnehmer und tausende Zuschauer Streckenführung durch die Innenstadt, vorbei an Sehenswürdigkeiten Einzigartige Stimmung durch „Hot-Spots“ mit Musik, Tanz, u. v. m. Infos und Anmeldung: www.grazmarathon.at präsentiert von WO DER SPORT DIE NR. 1 IST

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