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SPORTaktiv August 2021

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LASST’S MICH DOCH EIN

LASST’S MICH DOCH EIN BISSL SCHWEBEN it Sicherheit ist Andrea Mayr eine von Österreichs besten Sportlerinnen. Sie hält den österreichischen Rekord im Marathon (2:30:32 Stunden, ex aequo mit Eva Wutti), im Halbmarathon (1:11:34 Stunden), über 10 km (33:12 min), über 3000 Meter Hindernis und Dutzende Streckenrekorde bei Bergläufen, wo sie stets die besten Männer in Bedrängnis bringt – und die allermeisten auch hinter sich lässt. Heuer im Juni schaffte Mayr den zehnten Berglauf- Staatsmeistertitel in Folge, den insgesamt 14. Bergtitel. Auch international Foto: GEPA pictures 46 SPORTaktiv

IST MAN MIT 41 SCHON EINE LEGENDE? BERGLÄUFERIN ANDREA MAYR WILL WEITER DIE BIOLOGIE AUSTRICKSEN UND ALS VOLLZEIT-ÄRZTIN DIE WELTELITE DER VOLLZEIT- PROFIS NARREN. OLYMPIA 2026 ALS SENIORENSPIELE? NICHT AUSGESCHLOSSEN. EIN INTERVIEW ÜBER FREUDE, ERDUNG UND HORMONE. VON CHRISTOPH HEIGL ist sie kaum zu biegen, sechsfache Berglaufweltmeisterin, dreifache Europameisterin. Doch sie kann nicht nur laufen. Die Oberösterreicherin ist Weltmeisterin im Skibergsteigen, Vizeweltmeisterin im Duathlon, Siegerin bei Treppenläufen in Taiwan und New York und dreifache Staatsmeisterin im Bergzeitfahren der Radsportler. Wikipedia listet sie als 45-fache Staatsmeisterin, so genau weiß das aber niemand. Ihre Kollegin, die Tiroler Bergläuferin Patrizia Rausch, brachte es einmal so auf den Punkt: „Andrea kann alles, außer Knöpfe annähen und ruhig sitzen.“ Mit Sicherheit ist Mayr auch eine der außergewöhnlichsten Sportlerinnen dieses Landes, immer für Zitate gut, die aufhorchen lassen. Sie sieht sich nämlich in erster Linie als Ärztin. Schon nach Olympia 2012 meinte sie, sie werde dann ja Vollzeit arbeiten und nicht mehr so schnell bleiben. Irrtum. Wenn Profis frisch aus dem Traininglager zu einem Wettkampf anreisen, kommt die Chirurgin unter Umständen direkt aus dem OP zum Bewerb. „Das erdet“, wie sie uns erklärt. Auf die Frage eines Journalisten, wovor sie am meisten Angst hat, antwortete sei einmal: „Ich habe Angst vor einem völlig normalen Alltag.“ Die vielfache Weltmeisterin trainiert ohne Puls und GPS, ohne Coach, ohne Trainingsplan. Auf Medienarbeit im herkömmlichen Sinn legt die 41-Jährige kaum Wert. Website? Social Media? Fehlanzeige. Wozu auch? Für SPORTaktiv hat sich die Ärztin etwas Zeit genommen. Nach einem 24-Stunden-Dienst im Krankenhaus und einem anschließenden Berglauf übrigens. Sie haben in einem Interview gesagt, sie wollen der Biologie so lange wie möglich ein Schnippchen schlagen und sind erstaunt und erfreut, wie gut das geht. Da waren sie 39. Im Herbst werden Sie – mit Verlaub – 42 ...? Wie lange geht das so weiter? Ich denke, es geht schon ständig bergab (lacht). Aber wenn man mit 41 noch Staatsmeisterin im Berglauf wird, ist das auf diesem Niveau noch weit weg von katastrophal. Welche Eklärungen gibt es – neben einem offenbar besonders leistungsfähigen Körper – dafür? Ich habe echten Spaß am Sport und anders als bei vielen ist das bei mir keine Floskel. Andere mögen irgendwelche Postings auf Instagram machen, wie viel Spaß ihnen das Training gerade wieder gemacht hat, bei mir ist das echte Freude. Während andere Medienarbeit machen und Journalisten anrufen, gehe ich noch zum Gipfel oder zum Kreuz und genieße die Aussicht und wie herrlich ich es habe. Ich hab mir das noch nie überlegen müssen, warum ich so erfolgreich bin. Ich mache das aus Spaß. Ich habe keinen Sponsor mehr, bekomme null Förderung, ich bin niemandem etwas schuldig, ich habe ja meinen Job. Ich muss meinen Namen nicht in der Zeitung oder in Magazinen lesen. Ganz ehrlich, das brauche ich alles nicht. Sport mit purer Leidenschaft. Ist es bei den Profisportlern also oft zu sehr „Beruf“? Ganz sicher. Der Sport ist nicht mein Beruf, ich bin Ärztin. Also mache ich den Sport aus echter Überzeugung und mit Freude, das macht den entscheidenden Unterschied. Ich habe mittlerweile keinen Trainer mehr, habe keinen Trainingsplan, ich sportle völlig nach Lust und Laune. Wenn ich weglaufe, weiß ich noch nicht, ob es mir nach 3 km nicht mehr taugt oder ob ich drei Stunden wie verrückt durch die Gegend renne. Das war früher mit fixen Plänen und Trainern schwierig, weil ich vorher nicht abschätzen kann, wie fit und motiviert ich noch bin, wenn ich aus dem Dienst im Krankenhaus komme. Der Trainer natürlich auch nicht. Und dann standen harte Intervalle am Plan, das geht nicht. Außerdem bin ich in der glücklichen Lage, mit 41 selbst zu wissen, was mir guttut. SPORTaktiv 47

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