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SPORTaktiv Oktober 2018

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Coole Typen, ernste

Coole Typen, ernste Zwischentöne. Notarzt Ulf Karner, Flugretter Markus Amon und Pilot Helmut Holler (von links) leisten mit dem Christophorus 12 erste Hilfe aus der Luft. Die drei sind erfahren, coole Typen, die haut wohl nichts so schnell um. Amon: „Belasten darf dich der Job nicht, auch zum Selbstschutz, sonst hältst du das nicht lange aus.“ Dass schwierige Einsätze nicht immer leicht zu verdauen sind, liegt auf der Hand. Dem begegnet man mit einem gefestigten Charakter, Briefings nach den Einsätzen und – das wird stark betont – mit exzellentem Teamwork. „Oft müssen wir gar nicht reden, ein Augenaufschlag reicht, und der andere weiß, was los ist.“ Interessenten für die Ausbildung gibt es viele, genommen werden nur die, die fachliches Know-How, psychosoziale Kompetenz und Abgeklärtheit mitbringen. „Wir brauchen keine Helden, sondern Teamplayer“, sagt Amon. Flexibilität braucht man auch, so kann in der Hektik der Alarmierung aus dem achtjährigen Buben vor Ort schon mal eine 80-jährige Großmutter werden. Bruder Leichtsinn Wo alle drei bei aller Coolness aber nur mit Kopfschütteln reagieren: Unfälle, „RISIKOSPORT? IN SUMME HABEN WIR MEHR VERLETZTE KEGLER ALS BASEJUMPER.“ Notarzt Ulf Karner die durch Dummheit oder Leichtsinn passieren. „In einer beliebten Wanderschlucht ist eine Frau ein paar Minuten nach der Kassa schon so erschöpft, dass sie nicht vor und zurück kann. Wir holen sie vor der Klamm in einer aufwändigen Berge-Aktion mit dem 80 Meter Seil heraus“, erzählt Holler. Dabei hatte die gute Frau einfach null Fitness. Gefährlich sind Einsätze auch bei heranbrausendem Unwetter. Wobei im Sommer lokale Unwetter so rasch auftraten, dass Einsätze zum Wettlauf gegen die Zeit wurden. „Einen haben wir kurz vor einem Hagelgewitter vom Berg geholt. Zehn Minuten später wäre der Einsatz unmöglich gewesen“, sagt Holler. Seine eindringliche Empfehlung: „Leitln, Hirn und Handy einschalten! Heutzutage gibt es die besten Apps, sogar mit Regenradar. Fünf Minuten Vorbereitung und man könnte viel Ungemach verhindern. Aber die Leute starten blindlings ins Abenteuer und fünf Minuten später biegen sich im Sturm die Bäume.“ Die Kehrseite der Handywelt kennen sie aber auch: Hubschrauberlandungen faszinieren die Menschen, viele zücken das Telefon und filmen. Wie man das übertreiben kann, bewies unlängst eine Frau, die besonders eifrig im Video-Modus war, als bei einem Unfall ein Kind verletzt wurde. „Ich wollte sie mit dem Handy wegschicken, da stellte sich heraus, dass sie die Mutter vom Kind war“, schüttelt Holler den Kopf. „Sogar im Hubschrauber wollte sie noch filmen, da mussten wir der Frau das Handy fast wegnehmen.“ Es soll auch schon aus Foto: Christoph Heigl 86 SPORTaktiv

Notlage Gerettete gegeben haben, deren erster Wunsch im sicheren Hubschrauber ein Selfie mit den schneidigen Rettern in Uniform war. Oft stellt sich für Außenstehende natürlich die Frage nach dem Sinn solcher Einsätze. Doch da wird das Trio ernst: „Jeder Notruf ist ein Notfall. Wir bekommen den Auftrag von der Leitstelle und fliegen los, um zu helfen“, sagt Amon. Nachsatz: „Im Nachhinein stellt sich eine Situation dann oft anders dar. Aber trotzdem besser zu früh als zu spät anrufen.“ Auch die Kosten- und Versicherungsfrage steht vorerst nicht im Raum. „Wer in Notlage ist, dem wird geholfen, die Bezahlung ist für uns nachrangig.“ Einmal meldete die Pistenrettung, der Verunfallte wolle partout nicht mit dem Heli geholt werden, weil er nicht versichert sei. „Wir kommen trotzdem“, betont Amon. „Und wer es sich tatsächlich nicht leisten kann, für den gibt es einen Kulanzfonds. Ein Credo des ÖAMTC ist, dass niemand durch einen Einsatz in eine finanzielle Notsituation geraten darf.“ Bezahlt werden müssen aber nur Einsätze nach Sport- und Freizeiteinsätzen im alpinen Gelände, 90 Prozent der Patienten sind ausreichend abgesichert. Aber auch bestens Versicherten wird nicht jeder Service angeboten: Etwa, wenn einer nach dem Skiunfall in Tirol mit dem Hubschrauber gleich heim „DIE LEUTE STARTEN BLINDLINGS INS ABENTEUER UND FÜNF MINUTEN SPÄTER BIEGEN SICH DIE BÄUME.“ Pilot Helmut Holler nach Linz geflogen werden will. „Wir landen nicht in jedem Garten, wir sind kein Taxi-Unternehmen“, betont Amon und lacht. Ernster wird es beim Thema Suizid, leider auch oft Anlass für die Flugrettung. Wobei bei Totbergungen die Polizei übernimmt, die via Innenministerium auch für die unverletzt (!) in Notlage Geratenen zuständig ist. Recht auf Rettung? Klare Unfallhäufungszeitpunkte erkennen die drei nicht („Außer beim Skifahren die Zeit nach der Mittagspause“), neuralgische Orte waren heuer Klettersteige und Mountainbike-Strecken. Doch die breite Masse ist das nicht, wie Notarzt Karner überspitzt formuliert: „Risikosport? In Summe haben wir mehr verletzte Kegler als Basejumper.“ Daran wird sich in der nächsten Zeit nichts ändern. Auch daran nicht, dass Verletzte oft ungeniert eine „Rettung auf Knopfdruck“ und „Recht auf Rettung“ erwarten und einfordern. Denen schreibt Amon ins Stammbuch: „Das ,Recht auf Rettung‘ heißt bei mir: berechtigte Hoffnung auf eine Rettung.“ Wie die ultimative Belohnung für die Flugrettung ausschaut? Karner: „Einmal im Jahr bekomme ich Mails oder Briefe, wo wer schreibt: ,Danke, dass Sie mir das Leben gerettet haben.‘ Dann weißt du wieder, warum du den Job so gerne machst.“ 13.-17. Nov. 2018 Congress Graz mountainfilmgraz.com /mountainfilmgraz vonnebenan.at Foto: Robert Schauer / Mount Everest Hauptsponsor: Tickets:

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