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SPORTaktiv Outdoorguide 2016

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FITNESS KANN ICH’S MIR

FITNESS KANN ICH’S MIR ZUTRAUEN? Seine Fitness und sein Können richtig einzuordnen, ist oft ein Stolperstein. Mit Martin Edlinger wollen wir uns anschauen, wie Selbsteinschätzung dennoch funktioniert. Grundsätzliche Frage an den Naturfreunde- Experten: Warum tun sich viele Freizeit-Berg sportler gerade mit risikobewusstem Selbsteinschätzen offenbar so schwer? „Darüber kann man zwar nur spekulieren, Tatsache ist jedenfalls, dass viele Faktoren in diese Entscheidungsfindung einfließen müssen. Fehlt es an Wissen und Erfahrung, führt das oft zu einer erhöhten Risikobereitschaftt. Übermotivation kommt dazu und auch der Gruppendruck spielt eine Rolle: Vor anderen zuzugeben, dass einem eine Tour eigentlich zu viel ist, fällt halt nicht leicht“, vermutet Edlinger. Oft wird von einer „Grundfitness“ gesprochen, über die man für den Bergsport verfügen sollte. Diese kann man grob austesten: Der Experte empfiehlt dafür schnelles Auf- und Abmarschieren in einem hügeligen Waldgelände oder langsames Joggen, ebenfalls mit Bergauf- und Bergabpassagen: „Kann man dabei noch mit einem Partner plaudern und hält man das mindestens eine Stunde ohne das Gefühl, ans persönliche Limit zu gelangen, durch, dann ist man grundsätzlich auch für anspruchsvollere Unternehmungen am Berg fit.“ Wir stecken die Grundkondition für die einzelnen Gangarten ab: FÜRS WANDERN: Das Schöne am Bergsport ist die große Bandbreite, in denen er möglich ist: Wandern ist prinzipiell eigentlich immer möglich – so nach dem Motto: Wer gehen kann, kann wandern. Zumindest auf kurzen und überwiegend ebenen Strecken. Wichtig, um sich richtig einschätzen zu lernen, ist langsames Herantasten an eine steigende Belastung, so der Bergprofi. „Man beginnt mit flachen, einfachen Touren und steigert Die Anforderungen auf Klettersteigen unterschätzen viele. Wichtig ist, Schwierigkeitsgrad und Anspruch langsam zu steigern, damit einem das nicht passiert. die Belastung behutsam. Etwa so: War eine Tour mit 1,5 Stunden Gehzeit und 200 Höhenmetern kein Problem, dann visiert man als Nächstes 2 Stunden und 300 Höhenmeter an.“ Beim Bergwandern sind ja, wie schon gehört, viele schwere Unglücke auf Herz-Kreislauf-Versagen zurückzuführen, oder anders ausgedrückt: auf körperliche Überforderung. Ein näherer Blick auf die Statistik offenbart hier aber auch, dass fast ausschließlich die Personengruppe über 50 von dieser Art Unfälle betroffen ist. Was generell für Sport in höherem Alter gilt, kann also auch Wanderern nur empfohlen werden: „Lasst euch als Einsteiger und mit zunehmendem Alter regelmäßig internistisch untersuchen – und haltet euch mit regelmäßigem, moderatem Sport fit!“ Damit vermindert ihr auch die zweite große Unfallursache – auch das Stolpern und Stürzen lässt auf mangelnde Fitness schließen. Auch wer die Wanderwege nicht verlässt, kann auf anspruchsvolleren Bergtouren in Bereiche kommen, in denen nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Belastung bereits eine Rolle spielt. Auch darüber sollten man sich schon vor einer Tour im Klaren sein: „Gibt es exponierte Stellen, können Höhenangst und Höhenschwindel durchaus eine Rolle spielen. Doch auch das kann man trainieren. Wer nur einmal im Jahr auf einen Turm steigt und hinuntersieht, wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein mulmiges Gefühl haben. Macht man das regelmäßig, verschwindet dieses Gefühl. Genauso ist es auf Bergtouren.“ FÜR HOCHTOUREN: An der Spitze der Ursachen schwerer Unfälle auf Hochtouren steht laut Statistik ebenfalls das Stolpern, Stürzen und Ausrutschen. Obwohl die meisten Menschen, die sich auf Unternehmungen in große Höhen begeben, sicherlich überdurchschnittlich fit sind, spielt auch hier der Fitnessfaktor eine große Rolle. „Fit genug zu sein bedeutet, im- FOTO: istock 24 SPORTaktiv-OUTDOORGUIDE 2016

mer Reserven zu haben, die dann in Trittsicherheit und Konzentration gesteckt werden können“, sagt Martin Edlinger dazu. Nicht am körperlichen Limit unterwegs zu sein, ist generell eine Empfehlung, die umso mehr gilt, je größer die Aufgabe im Bergsport ist. Für den körperlichen Anspruch auf Hochtouren spielt auch die Höhenlage selbst eine Rolle. Martin Edlinger: „Mit zunehmender Höhe wird der Sauerstoffgehalt der Luft geringer. Damit nimmt auch die Belastung für den Körper zu. Vorsicht: Trotz erhöhtem Flüssigkeitsbedarf nimmt mit der Höhe das Durstgefühl ab. Es besteht die Gefahr, aufs ausreichende Trinken zu vergessen, was die Leistungsfähigkeit weiter einschränkt.“ Neben den körperlichen Voraussetzungen brauchen Bergsteiger auch das nötige Know-how, zum Beispiel über Sicherungs- und Rettungstechniken. Selbst wenn man mit einem Bergführer unterwegs ist, braucht es diese Kenntnisse, die man sich in Ausbildungen aneignet (mehr zu Alpinausbildungen ab Seite 36). FÜRS KLETTERSTEIGGEHEN: „Blockierungen“, also Situationen, in denen Klettersteiggeher weder vor noch zurück können, sind mittlerweile die mit Abstand häufigste Ursache für Rettungseinsätze auf Klettersteigen. Ein Überschätzen der eigenen Fähigkeiten wirkt sich gerade auf Klettersteigen fatal aus, weil man nicht einfach umdrehen kann, denn der Rückweg ist ja genauso mühsam wie der Aufstieg. Was sind nun die körperlichen Ansprüche in Klettersteigen? „Man muss differenzieren: Auf leichteren klassischen Klettersteigen bis Schwie rigkeitsgrad C bewegt man sich eher im Ausdauerbereich. Da ist hauptsächlich Beinarbeit gefordert und der notwendige allgemeine Konditionszustand mit der einer anspruchsvollen Wanderung vergleichbar. Auf D-/E-Steigen sind zusätzlich Kraftausdauer sowie die Finger-, Arm- und Oberkörpermuskulatur stark gefordert, um Schlüsselstellen meistern zu können“, weiß unser Experte. Um für solche D/E-Steige fit zu sein, sollte man neben der Ausdauer- also auch zusätzlich die Oberkörperkraft regelmäßig und gezielt trainieren. Die psychische Belastung ist auf Klettersteigen ein wichtiges Kriterium – und diese Belastung ist umso größer, je unerfahrener man ist. Man verkrampft, klammert sich am Seil fest – mit der Folge, dass man mehr Kraft verbraucht, als notwendig ist, und irgendwann die Reserven aufgebraucht sind. Die richtige Steigtechnik anzuwenden (z. B. stets mit gestreckten Armen zu steigen) hilft auch, viel Kraft zu sparen. Um abschätzen zu können, ob man physisch und psychisch für eine Klettersteigtour fit genug ist, gibt es für Martin Edlinger eigentlich ebenfalls nur ein Rezept, das wirklich funktioniert: „Langsam an die Gesamtschwierigkeit herantasten. Hat man zum Beispiel einige C-Steige begangen, die gemeinsam mit Zu- und Abstieg einen hohen Gesamtanspruch aufweisen, und ist damit nicht überfordert, dann kann man sich an einen kurzen D-Steig wagen.“ FÜRS KLETTERN: Fitness, Tourenwahl und Selbsteinschätzung müssen natürlich auf Klettertouren im Einklang stehen. Wobei das Überforderungsproblem um einiges öfter in Klettersteigen auftritt als unter Kletterern – auf den „Eisenwegen“ ist eben in den letzten Jahren die Gruppe der Neueinsteiger besonders stark gewachsen. „Es kommt trotzdem vor, dass Kletterer in zu schwere Touren einsteigen und nicht mehr weiterkommen. Meist ist das aber kein körperliches Problem, sondern mehr eine Frage des mangelnden Könnens“, weiß der Naturfreunde-Experte. Eher der Fitness zuzuschreiben sind Unfälle, die Kletterern beim Abstieg passieren. „Oft wird die ganze Energie in der Kletterei verbraucht, sodass für den Abstieg keine Reserven übrig bleibt und dann Stolperer oder Ausrutscher zu Abstürzen führen.“ Ein Experten-Hinweis für alle, die sich aus der Halle oder dem Klettergarten erstmals ans alpine Klettern wagen: „Alpine Routen sind oft nicht so gut abgesichert und die Sicherungstechnik ist eine andere.“ Auch das ist ein Punkt, der gelernt werden muss. UND GEWINNE! * *Mehr Infos unter www.leki.at/win + ZWEI LEKI Faltstühle und ZWEI Paar LEKI Faltstöcke GEWINNE MIT LEKI WWW.LEKI.AT/WIN

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