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Betriebliches Gesundheitsmanagement Magazin 2020

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Beim Arbeitsweg liegt

Beim Arbeitsweg liegt noch viel Potenzial für tägliche Bewegung. Arbeitssicherheit, Arbeitsmedizin, Arbeitsverhältnissen und Prävention auch Organisation, Arbeitsprozesse, Führung und Kultur mit einbezieht. Es ist ein echtes, ganzheitliches Managementsystem“, betont Bruckmann. „Diese Differenzierung der Begriffe ist deshalb wichtig, weil ‚BGF‘ in der Praxis oft wie ein Marketingbudget gesehen wird – das man in schwierigen Zeiten halt einfach kürzt.“ Das BGM-Einstiegsangebot von Qi- QUADRAT, genannt „Business Resilienz“, ist deswegen auf drei Ebenen konzipiert: „Es bezieht die individuelle, organisatorische Resilienz wie auch die Resilienz des Geschäftsmodells mit ein. Denn was nützt das beste BGM, wenn das Unternehmen mit seinem Geschäftsmodell die Krise nicht meistern kann?“ Roman Heinzle, Co-Gründer und Geschäftsführer von MOVEEFFECT, einem oberösterreichischen Anbieter digitaler Lösungen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement, sieht die Problemlage grundsätzlich ähnlich: „Gesundheitsangebote funktionieren in Unternehmen zumeist nach dem Gießkannenprinzip. Was fehlt, ist eine Struktur und eine Strategie dahinter.“ Meist würden die Auswirkungen der gesundheitsfördernden Angebote auch gar nicht gemessen – was heute durch Digitalisierung und Datenanalyse aber sehr einfach möglich sei, automatisiert und ohne Personaleinsatz. UNSERE ELTERN- GENERATION LEGTE DURCHSCHNITTLICH 10 KILOMETER PRO TAG ZURÜCK, HEUTE IST ES IM SCHNITT EIN KILOMETER. Heinzle will Unternehmen in der aktuellen Krise einerseits mit einer simplen Rechnung davon überzeugen, dass sich ein Investment in die Mitarbeitergesundheit, etwa in ein Stärken des Immunsystems, lohnt: „Mit Erkältungs- oder Grippesymptomen werden Beschäftigte heimgeschickt, müssen einen Test machen und auf das Ergebnis warten: Fünf Ausfallstage sind schnell zusammen. Man kann sich leicht ausrechnen, welche Verluste hier drohen.“ Bei den Angeboten setzt Heinzles MOVEEFFECT auf die drei Bereiche Bewegung, Ernährung und Mentales, wobei der Geschäftsführer betont: „Die Angebote müssen niedrigschwellig sein, um von möglichst vielen Beschäftigten angenommen zu werden.“ Bewegung und mentale Stärke Speziell über die Rolle von Bewegung in der Betrieblichen Gesundheitsförderung machte man sich beim Österreichischen Betriebssportverband (ÖBSV) Gedanken. Konkret bei der – heuer online abgehaltenen – Fachtagung des Verbands. Wie der BGM-Experte Volker Nürnberg von der deutschen Universität Allensbach in seinem Vortrag festhielt, seien zwar einerseits vor allem psychische Erkrankungen im Steigen begriffen – aber diese auch eng mit dem allgemeinen Bewegungsmangel verknüpft: „Unsere Elterngeneration legte durchschnittlich 10 Kilometer pro Tag zurück, heute ist es im Schnitt ein Kilometer.“ Nürnberg hielt auch fest, dass mit den meisten gesundheitsfördernden Maßnahmen in Betrieben lediglich 20 Prozent der Mitarbeiter erreicht würden und zwar die sowieso schon gesundheitsorientierten – also eigentlich die falsche Zielgruppe. Um auch „gesundheitsferne Gruppen“ zu erreichen, sei es die zentrale Herausforderung, Bewegung in den Arbeitsalltag zu integrieren. Ein einfaches Mittel dafür wäre, Besprechungen gehend im Freien durchzuführen. Thorsten Schmitz, CEO von Intersport Austria, verwies bei der Fachtagung gleichzeitig darauf, dass der Wert von Bewegung und Sport in der Gesellschaft deutlich im Steigen begriffen ist: Laut „Intersport Sportreport“ würden 67 Prozent der Österreicher zumindest einmal pro Woche Sport betreiben, ein Drittel mehrmals pro Woche. Vor allem aber würde sich die Wahrnehmung von Sport deutlich wandeln: „Nicht mehr über ‚schneller, höher, weiter‘, sondern als tägliches Phänomen.“ Der „Sportivity“- Trend, wie ihn der Zukunftsforscher Matthias Horx bezeichne, werde durch Corona jedenfalls deutlich beschleunigt. Auch Schmitz betonte, wie entscheidend es wäre, Bewegung in den Alltag zu integrieren. Und: „Ich sehe Unternehmen in einer wichtigen, aufklärenden Rolle: Sport ja, aber richtig“, so Schmitz, der anstatt eines „Auspowerns am Wochenende“ für leichte Sport- und Bewegungseinheiten zwischendurch als Ausgleich zum Arbeitsalltag plädierte. Etwa eine Laufrunde in der Mittagspause. Gregor Petri schließlich verwies bei der Tagung auf das Potenzial, Arbeitswege viel stärker bewegt zu nutzen. Der Co-Gründer von „Fluidtime“, einem Wiener Unternehmen für digitale Mobi- 8 BGM

litätslösungen, erklärte, dass laut Studie des Verkehrsclubs Österreich nur 8 Prozent der Wege zur Arbeit zu Fuß und nur 7 Prozent mit dem Fahrrad zurückgelegt würden. Und das, obwohl 30 Prozent der Arbeitswege kürzer als 5 und die Hälfte kürzer als 10 Kilometer wären: „Es gibt viel Potenzial fürs Fahrrad und E-Bike.“ Durch digitale Lösungen könne man ein Umdenken schaffen, meinte Perti – der etwa anregte, Firmenautos durch Fahrrad- und E-Bike-Flotten zu ersetzen oder aber durch geschickt gemachte Belohnungssysteme Anreize für gesunde Arbeitswege zu schaffen. Die Themen Digitalisierung und Klimaschutz ließen sich hier ideal verknüpfen: „Grün unterwegs zu sein, ist gerade vielen Jungen ein Anliegen“, betonte Petri. Zusammenrücken gefragt Zurück zur aktuellen Lage: Natürlich gibt es kein Patentrezept, wie sowohl Unternehmen als auch alle im Berufsleben stehenden Menschen – im doppelten Wortsinn – gesund durch die schwierige Zeit kommen können. Der Psychologe Alois Kogler nennt jedoch einige wertvolle, allgemeingültige Empfehlungen: „Der erste Schritt ist ein Lob des Unternehmens“, empfiehlt Kogler allen – gerade in schwierigen Zeiten, in denen Unzufriedenheit und damit verbunden Kritik schwelen: „Wenn ich den Ort, an dem ich arbeite, abwerte, werte ich mich selber ab. Das ist wie in einer Beziehung, wenn ich meinen Partner abwerte.“ Die wirtschaftlichen „Lenker“ von Unternehmen seien es generell seit zwei Jahrzehnten gewohnt, dass es Sicherheit und Stabilität in einer von Veränderung geprägten Welt nicht mehr gebe: So gesehen sei die aktuelle Krise eine Zuspitzung der Situation, aber keine wirkliche Veränderung: „Auf die Stärken des Unternehmens fokussieren, auch die gewohnte Unternehmenskultur nicht ändern, sondern stärken“, rät Kogler. Auch wichtig: „Klarheit schaffen in Rollen und Aufgaben, weil viele Konflikte aus unklarer Rollen- und Aufgabenverteilung entstehen.“ Ebenfalls entscheidend: „Transparenz in der Kommunikation“. Ganz allgemein empfiehlt der Psychologe ein Zusammenrücken zwischen Führung und Belegschaft – etwa zur Frage, ob denn Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung noch leistbar seien: „Es kann nicht eine Seite alle Kosten alleine schultern.“ Als Führungskraft gelte es, Zukunftsoptimismus zu vermitteln und den Blick nach vorne zu richten. Und auch Chancen zu erkennen: „Aus der ‚Corona-Müdigkeit‘ entsteht auch eine Gegenströmung, dass sich Dynamik entwickelt und man Projekte voranbringt: Auch das ist etwas, wo Führungskräfte Vorbild sein können.“ Was laut Alois Kogler heute jedenfalls auch klar sein muss: „Es wird keine Zeit nach Corona geben – in dem Sinn, dass alles wird wie zuvor. Genauso, wie es keine Zeit nach der Digitalisierung geben wird.“ Auch wenn alles vom Abstandhalten spricht: Im übertragenen Sinn ist im Arbeitsleben Zusammenstehen ein Gebot der Stunde. GASTKOMMENTAR Mag. Renate Krenn ist Geschäftsführerin des ASZ www.asz.at ARBEITNEHMER- SCHUTZ IN CORONA-ZEITEN DIE NEUE ARBEITSSITUATION MACHT BE- TRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND PSYCHOLOGISCHE UNTERSTÜT- ZUNG DER MITARBEITERINNEN UND MIT- ARBEITER SO WICHTIG WIE NOCH NIE. Coronabedingt ist für viele Menschen das Homeoffice zur Arbeitsrealität geworden. Und für manche auch zum Problem. Sie leiden unter Rücken-, Nacken-, Schlaf- und Gewichtsproblemen, weil die Bewegung zu kurz kommt und der Arbeitsplatz zu Hause alles andere als optimal ist. Denn während es für Büroarbeitsplätze gesetzliche Vorschriften gibt, findet Homeoffice oft am Küchentisch oder Sofa statt. Gesetzgebung muss reagieren Das Homeoffice wird bleiben und es muss eiligst geklärt werden, welche Rahmenbedingungen die neue Arbeitssituation benötigt, damit sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer davon profieren können. Derzeit zeigt sich, dass die Produktivität abnimmt, je länger Mitarbeiter im Homeoffice sind. Vor allem die psychische Komponente der sozialen Isolation kommt dann zum Tragen. Gesundheit goes online In der Zwischenzeit helfen wir Unternehmen mit einem flexiblen Online-Gesundheitsprogramm, in dem neben Ergonomie-, Fitness- und Ernährungsangeboten auch mit psychologischer Online-Betreuung unterstützt wird. Das sorgt für positive Stimmung, Teamgeist und Zusammenhalt, auch wenn auf Meetings, gemeinsame Mittagessen und Kaffeepausen verzichtet werden muss. Foto: ASZ BGM 9

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