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SPORTaktiv April 2021

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DIE WALROSSE ODER: DIE

DIE WALROSSE ODER: DIE EISSCHWIMMER VON MURMANSK. IN DER RUSSISCHEN HAFENSTADT NÖRDLICH DES POLAR- KREISES IST EIN STREIT ENTBRANNT. DIE EISBADER KÄMPFEN UM IHRE FAST 60 JAHRE ALTE BLOCKHÜT- TE AM SEMJENOWSKOJE SEE. SIE WOLLEN KEINE MODERNISIERUNG UND SCHON GAR KEIN MUSEUM. TEXT UND FOTOS: ALEXANDRE SLADKEVICH Die nördlich des Polarkreises gelegene Hafenstadt Murmansk auf der russischen Halbinsel Kola erwacht aus der Dämmerung, von der Sonne geweckt. Die Polarnacht liegt hinter ihr. Der Auftritt der Sonne löst Melancholie und Depression endlich ab. Auf den Straßen lassen sich manche Einwohner beobachten, die vor Freude lächeln und sogar die Arme gen langersehnten Himmelskörper strecken. Doch der feurige Stern steht noch nicht im Zenit. Er verbirgt sich lieber hinter den Bergen. Nur unwillig überwindet er sie, um dann alles in ein Gelb-Orange zu tauchen, und der Himmel antwortet in strahlendem Blau. Die ersten sonnigen Tage treiben die Eisbader zum Semjenowskoje See. Auf dem vereisten Gewässer drehen Langläufer ihre Runden, beobachten neugierig die Eisbader und plaudern gerne mit ihnen. Doch es ist noch so kalt, dass selbst die Finger an der Kamera einfrieren und sie sich nur mühevoll auslösen lässt. Ein Bader hat jedoch ein Rezept parat: 100 SPORTaktiv

Smalltalk zwischen Eisbader und Langläuferin. Nördlich des Polarkreises wohlgemerkt. „Schwimmen Sie mit, tauchen Sie ein, das wird Sie schnell erwärmen!“ Ich verzichte darauf und ernte kein Verständnis. So dick eingepackt, meint er, bevorzuge ich es wohl lieber zu frieren. Eine Dame nähert sich auf Skiern. Sie plaudert mit dem Polarbader über das Wetter, die Wassertemperatur und natürlich über die Sonne. Vor 54 Jahren wurde hier am Ufer anstelle einer Bude eine Blockhütte für die Eisbader erbaut. Seit über einem halben Jahrhundert ziehen sich die Murmansker hier um und wärmen sich drinnen nach ein paar Runden im eiskalten Wasser. Die Liebhaber des arktischen Gewässers sehen ihr Häuschen als historisches Erbe der Stadt. Auch fanden hier bereits die Weltmeisterschaften im Eisschwimmen und der Arctic Cup statt. Im September 2018 wurde die hiesige Gesellschaft „Morsch“, die knapp 300 Mitglieder zählt, vom Gerücht erschüttert, dass die Stadt eine Modernisierung plant. In der Folge deren solle ihre Hütte ans andere Ufer verlegt oder gar abgerissen werden. Das löste Unruhen aus. SPORTaktiv 101

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