ES IST LETZTLICH AUCH DIE REDUKTION AUF DAS WESENTLICHSTE, DIE DEN REIZ AUSMACHT. uns erstmals mit dem, was unser täglicher kulinarischer Fixstern werden sollte: Fritattensuppe. Schon vor dem ersten Etappenziel in Imst stellt sich auf den Laufeinsätzen ein wunderbares Gefühl ein. Eines von Luxus, sich aufs Laufen konzentrieren zu können. Allein mit sich zu sein, in einer doch meistens schönen Landschaft. Einsamkeit verbunden mit den Sicherheit gebenden Segnungen der Zivilisation. „Warum macht ihr das?“, haben wir alle unzählige Male aus dem Umfeld gehört. Darum. Einen Schritt vor den anderen. Freiheit, Bewegung, aber auch Freundschaft, Zusammenhalt, einer für alle, alle für einen. Gemeinsam schaffen wir das. Noch so ein Satz aus der Pandemie-Normalität. Wir erfüllen ihn zum Leben. Laufen, navigieren, essen, Wohnmobil fahren. Es ist letztlich auch die Reduktion auf das Wesentlichste, die den Reiz ausmacht. Tag 2 bringt mir eine traumhafte Etappe von Kematen bis unters Goldene Dachl nach Innsbruck und wieder einmal die Gewissheit, wie nahe die Dinge beieinanderliegen. Links vom bewaldeten Radweg fließt der milchig graue Inn, dahinter ragen schon die Berge der Nordkette auf. Rechts von mir donnert die Blechlawine auf der Inntalautobahn dahin. Später im Zillertal zeigt sich auch, dass man oft nur ein wenig von den Trampelpfaden weg muss, um Idylle zu erleben. Wenige Meter neben der aus Verkehrsfunk jedermann bekannten Zillertalbundesstraße schlängelt sich ein Weg durch Wiesen und am Ziller entlang nach Uderns und Zell am Ziller. Wenn beim gleichmäßigen Dahinlaufen die Gedanken frei werden, spürt man wieder – auch das eine Parabel zu unserem Alltag. Kurz vor dem Anstieg zum Gerlospass empfängt uns mit breitem Grinsen Berglauf-Ikone Markus Kröll, unser erster Gastläufer. Obwohl erst selbst eine Woche vom Berliner Höhenweg retour, tänzelt er für uns den Pass nach oben und erzählt beim Abendessen von seinen China-Reisen als Restaurator und gibt wertvolle Tipps zur Regeneration. Links oben: Unser rollendes Basislager. Links unten: Übergabe am Goldenen Dachl in Innsbruck. Großes Bild: Geschafft und glücklich auf der Seebühne in Mörbisch Der dritte Tag ist dann der körperlich härteste. Alles zwickt bereits. Oberschenkel, Waden, Hüfte. Zwischen 40 und 75 Kilometer hat da jeder von uns schon in den Beinen. Mental wächst die Euphorie über die zurückgelegte Strecke und steigt zusätzlich, wenn unser Projekt Kinnladen zum Hängen bringt. „Ah, geht’s in den Urlaub“, sagt die Dame an der Tankstellenkassa irgendwo in Österreich. „Nein, wir laufen vom Bodensee zum Neusiedler See.“ Stille, ungläubige Blicke, dann sieht sie den Rest der Bande im Sportgewand an der Zapfsäule. „Bist du deppert“, entfährt es ihr, da sind wir schon wieder dahin. Ohne Stopp geht es durch Salzburg. Mittersill, Kaprun, Schwarzach, Wagrain. Oft ganz allein in der Natur, bis auf einen halsbrecherischen Kilometer an der B311 entlang. Den Herren im grauen SUV mit Mödlinger Kennzeichen werde ich noch lange verflu- Fotos: Klaus Höfler, Joachim Hirtenfellner 44 SPORTaktiv
UNSERE PARTNER: Gelaufen sind wir mit einer Weltpremiere: On hat uns den neuen vollgedämpften Schuh „Cloudflyer“ exklusiv zum Vorabtest zur Verfügung gestellt. Der Schuh wird ab 20. August erhältlich sein. Dynafit hat uns mit ultraleichten Laufshirts unterstützt, die Firma Gebetsroither mit einem Wohnmobil, unserem rollenden Basislager. Das Testlaboratorium Hygienicum in Graz hat uns kostenlos die Corona-Tests ermöglicht. UNSERE GASTLÄUFER: Markus Kröll: Berglauflegende aus Mayrhofen im Zillertal. Hat uns von Zell am Ziller auf den Gerlospass 20 Kilometer abgenommen. Matthias Stieg: Der Hobbyläufer aus Haus im Ennstal ist kurzfristig für Ultraläufer Klaus Gösweiner eingesprungen, der eine Verletzung ausheilt. „Hias“ ist 27 Kilometer von Mandling bis Pruggern gelaufen. Christian Dornhofer: Mitglied des „Team Austria“ vom Speed Project 2018. Hat uns an den letzten beiden Tagen mit 20 Kilometern geholfen. Erich Artner: Unterschenkelamputierter Triathlet und Keynote-Speaker. Hat uns 10 Kilometer im Raum Wiener Neustadt begleitet. chen. Ein Sprung ins Gelände war notwendig um der „Jetzt komm ich“-Mentalität dieses Herrn lebend zu entfliehen. Alles vergessen, als es die Enns entlang von Altenmarkt via Radstadt Richtung Steiermark geht. Am Anfang meiner Etappe ist die Enns ein Bacherl, am Ende ein Fluss. Manche Dinge erlebt man wirklich nur, wenn man zu Fuß unterwegs ist. So vergehen die Lauftage wie im Flug. Mandling, Lassing, Semmering, Gloggnitz. Das Ende ist nahe. Noch einmal bekommen wir Inspiration. Von Erich Artner, der als 15-Jähriger mit einer seltenen Krankheit dem Tod von der Schaufel gesprungen ist, dabei aber beide Unterschenkel verloren hat. Heute absolviert er Ironman-Bewerbe mit seinen Prothesen. Es geht die ungarische Grenze entlang, vorbei an der Stelle, wo einst das Paneuropäische Picknick stattgefunden hat und der Eisernen Vorhang erstmals für DDR-Bürger aufgegangen ist, ein Hügel durch den Wald und dann liegt er vor uns, der See. Mit Österreich-Fahne laufen wir mitten auf der Straße nicht nur der Seebühne entgegen, sondern auch der Gewissheit, dass man immer mehr schaffen kann, als man auf den ersten Blick glaubt. 730 Kilometer zu Fuß durch Österreich – mit einem Schnitt von 5 Minuten pro Kilometer. Es stellt sich das Gefühl ein, ganz Österreich nicht nur gesehen zu haben, sondern es erspürt zu haben. Entspannung der in der Strapaz, fünf Tage lang unvergessliche Erlebnisse. Quer durch. SHOP NOW ON WWW.LASPORTIVA.COM
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