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SPORTaktiv August 2020

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Bergführer Helmut

Bergführer Helmut „Heli“ Mühlmann (hinten) zeigt mir die wichtigsten Techniken. Ich staune und lerne. Früher hätt’s des nit geben“, sagt Heli und zieht an der kleinen, gewuzelten Zigarette, „dass man sich einen Bergführer nimmt und losklettert.“ Damit will uns der Osttiroler Bergführer mit dem für hier typischen Charme wohl nur sagen: Bischt a Kletterer oder bischt koana. Doch die Zeiten haben sich geändert und Helmut Mühlmann, wie der 58-Jährige mit vollem Namen heißt, hat so einen Nicht-Kletterer an der Leine und darf ihn auf den Berg bugsieren. Der Berg ist der Rote Turm, ein Klassiker in den Lienzer Dolomiten, und der Nicht-Kletterer ist der SPORTaktiv-Redakteur mit null Kraxelerfahrung. Das Naturbedürfnis, unsere Sehnsucht nach Bergen, der Outdoorboom in der Ausprägung Klettern und der Trend, sich einen Experten als Coach und Anführer zu schnappen, hat auch für diese Branche den Vorteil, dass Bergführer mittlerweile ein echtes Berufsbild geworden ist. Mit gar nicht so schlechter Buchungslage. Also sieht Heli das ganz entspannt, dass er einen echten Anfänger an der Angel hat und ihn gerade Richtung Roter Turm anleint. Davor macht uns noch die „Hausherrin“ fit für den Berg. Lokalmatadorin Lisi Steurer ist eine der besten Kletterinnen Österreichs, selbst seit 2003 Bergführerin (Alpinschule Bergstatt Lienz) und Ausbildnerin. Sie macht mit uns Trittschulung und lässt uns auf 2200 Metern Seehöhe um die Karlsbader Hütte marschieren. „Damit starte ich immer bei Kletterkursen, denn viele der neuen Kletterer-Generation kommen aus der Halle und sind am Fels ausgezeichnet unterwegs – aber beim Zustieg und Abstieg im alpinen Gelände tun sie sich schwer.“ Ihre Tipps sind schnell umgesetzt: lose Stellen mit Schotter, Steinen, Geröll meiden und am festen Fels auftreten. Locker über Sprunggelenk, Kniegelenk, Hüftgelenk bewegen. Das schafft unsere kleine Journalistengruppe problemlos. Damit Lisi die kleine Heidi betreuen kann (siehe Interview hinten), übernehmen drei Bergführer das Kommando. Eingangs erwähnter Helmut „Heli“ Mühlmann, Matthias Wurzer und der Südtiroler Felix Tschurtschenthaler, alle im Status zwischen Local Heroes und Legenden. Das schafft Vertrauen und die Schulung für Standbau, Seil- und Klettergurt-Management am Übungsfelsen hinter der Hütte mit den Burschen hat echt Unterhaltungswert. Obwohl ich als Laie mit Vokabeln wie Expressschlinge und Twist-Lock-Karabiner und mit Knoten wie Mastwurf, Sackstich und Prusik heillos überfordert bin. Dann geht’s endlich in den richtigen Fels. Dort, wo unser SPORTaktiv-Kolumnist Herbert Ranggetiner – auch so eine Legende – am Roten Turm die schwierigsten Routen bis in den 9. Grad erstbegangen hat, nehmen wir uns die beliebte Anfängerroute „Bügeleisen“ vor. „Ein 2er bis 3er“, sagen die Bergführer. Dass sie sich für so was (Schwierigkeitsgrade siehe Infobox) im Normalfall gar nicht anseilen, verschweigen sie galant. „Solche Routen gehen Osttiroler zum Supermarkt“, scherzt mein bayrischer Kollege. Aus dem Tourenbuch wissen wir, der Einstieg ist ein „Vierer“, also etwas knifflig. Für Laien hat Reinhold Messner die Grade so beschrieben: „Eins ist das Begehen einer steilen Treppe, ein Zehner das Klettern an einer Raufasertapete.“ Heli MEINE ANFÄNGER­ FEHLER Zu große Schritte und Bewegungen. Besser: kleine Schritte 1. machen, im Fluss der Bewegungen und im Rhythmus bleiben. „Tänzeln.“ Zu viel mit den Armen ziehen. 2. Besser: Aus den Beinen heraus nach oben arbeiten bzw. beim Abstieg nach unten („Kniebeuge“). Den Schuh falsch aufsetzen. 3. Besser: „Spitz steigen“, d. h. den Schuh nur mit den Fußspitzen aufsetzen, Ferse nach unten drücken. Zu viel und zu weit in Ritzen 4. steigen, das blockiert und schränkt die Bewegung ein. Besser: „außen“ am Fels steigen, die Beine in Engstellen „ausspreizen“. Zu weit nach oben schauen. 5. Besser: in kurzen Abschnitten denken, z. b. die nächsten 30 Zentimeter, bis zum nächsten Griff. Mit dem Oberkörper zu nah 6. am Felsen. Besser: ab und zu wegdrücken und aufrichten. Zu wenig Vertrauen in Griffe, 7. Sohle, Seile, Knoten und Karabiner. Besser: Üben, üben, üben. Kurse, Kurse, Kurse. 96 SPORTaktiv

KLETTERMAX IN AUSBILDUNG WAS MUT MIT EINEM BÜGELEISEN ZU TUN HAT UND WIE MAN SICH IM JOB ABSEILEN KANN. DAS FAND DER SPORTAKTIV-KLETTERNOVIZE BEIM ALPINKLETTERN AM ROTEN TURM IN DEN LIENZER DOLOMITEN HERAUS. ACHTUNG, SPOILER: DREI BERGFÜHRER BRAUCHT ES GEGEN EINEN FLAUEN MAGEN IM VIERTEN GRAD. VON CHRISTOPH HEIGL 97

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