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SPORTaktiv Bikeguide 2016

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Im diesjährigen SPORTaktiv Bikeguide geben fünf Biker Einblicke in die emotionale Zweierbeziehung zwischen Mensch und Rad. Bei den Technikchecks erfährst du die wichtigsten Eckdaten zu den unterschiedlichen „Zweirädern" wie Marathon-, Cross-Country-, und All-Mountain-Bike. Außerdem kommt ein (nach wie vor) brisantes Thema zur Sprache: der Wegestreit zwischen Mountainbikern und Waldbesitzern. Ein Auszug aus der Streit-Chronologie zeigt, wie verfahren der sprichwörtliche Karren zwischen den zwei Lagern ist.

WEGESTREIT REGINA HRBEK

WEGESTREIT REGINA HRBEK ist Leiterin der Abteilung Natur- und Umweltschutz bei den Naturfreunden Österreich und mitverantwortlich für die Umsetzung der Kampagne „Freie Fahrt für Radfahrer/-innen auf Forststraßen“! WEB: naturfreunde.at/freie-fahrt Ja, die Naturfreunde Österreich fordern „Freie Fahrt für alle Radfahrer auf Forststraßen“! Bewegung in der freien Natur ist ein wichtiges gesellschaftliches und soziales Anliegen. Besonders das Radfahren ist eine gesundheitsfördernde Ausdauersportart, mit der man sich naturnahe und ökologisch fortbewegt. In Österreich besitzen 75 Prozent der Bevölkerung ein Fahrrad, davon suchen 800.000 Radfahrer/-innen pro Jahr Erholung in Österreichs Wäldern und Bergen. Dem muss der Gesetzgeber in einem modernen Forstgesetz in sinnvoller Weise Rechnung tragen. Die Naturfreunde fordern daher die gesetzliche Öffnung der Forststraßen für Radfahrer/-innen, denn Forststraßen sind breit genug, um ein freundschaftliches, respektvolles Miteinander aller Benutzer zu ermöglichen! Momentan dürfen nur rund ein Zehntel der über 120.000 Kilometer Forststraßen in Österreich mit dem Rad befahren werden! Die Naturfreunde haben Vorschläge für alle notwendigen Gesetzesänderungen erarbeitet, die auch eine ausgewogene und gerechte Haftungsregelung für alle Beteiligten beinhalten. Die Naturfreunde Österreich sehen die Freigabe der Forststraßen auch als große Chance für den Tourismus. Besonders in Zeiten der immer wärmer werdenden Winter und des damit verbundenen Schneemangels kann das Radfahren ein wichtiges Angebot in Richtung Ganzjahrestourismus darstellen. In allen Nachbarländern Österreichs ist das Radfahren auf Forststraßen schon seit Langem erlaubt – dieser große Wettbewerbsnachteil gehört endlich bereinigt! DIETMAR GRUBER, Unternehmer, ist Sprecher und Mitgründer von „ upmove“, der Interessenvertretung der Mountainbiker, und Initiator der Aktion „Legal biken“. WEB: upmove-mtb.eu, legalbiken.at In Österreich werden Radler auf Forststraßen auf Besitzstörung und Unterlassung verklagt sowie von der Polizei verfolgt. Als wir 2010 begonnen haben, war uns diese Tragweite nicht bewusst. Heute beraten und vertreten wir regelmäßig Biker/-innen – leider oft auch vor Gericht. Dabei ist das Radfahren auf einer Forststraße, egal, ob am Berg oder in der Au, die natürlichste Sache der Welt. Dass dies verboten ist, wissen viele deshalb nicht und tappen dann sprichwörtlich in die Falle. Das Bild, das sich im Tourismusland Österreich für unsere ausländischen Aktivurlauber ergibt, ist fatal, darf man doch in unseren Nachbarländern ausnahmslos auf Forststraßen und Wegen mountainbiken. Mit der Kampagne „Legal biken – auch in Österreich“ haben wir versucht, dieses Thema in die Öffentlichkeit zu bringen. Die Radschiebeaktionen („Trutzpartien“) auf Forststraßen wurden von manchen als Provokation empfunden – vermutlich deshalb, weil es erlaubt ist! Es liegt nicht in der Natur der Mountainbiker, zu provozieren! Wir sind verantwortungsvolle Naturnutzer, die auf Forststraßen und Wegen im Wald und dem darüber liegenden Bergland Erholung suchen. Auf jedem Fall hat die Kampagne „Legal biken – auch in Österreich!“ die Position von uns Mountainbiker-/-innen enorm gestärkt. Heute ist upmove bei allen Gesprächen dabei, und den Beteiligten ist bewusst, dass sich für uns etwas zum Positiven verändern wird. Der Weg bis zum Ziel mag noch steinig und holprig sein – aber genau das lieben ja wir Mountainbiker/-innen. Ein Tipp noch: Auf www.legalbiken. at seid ihr immer auf dem letzten Stand der Ereignisse. DIPL.-ING. MARTIN HÖBARTH ist Leiter der Abteilung Forst- und Holzwirtschaft in der Landwirtschaftskammer Österreich, GF Österreichischer Forstvereins und GF Waldverband Österreich. Vertragliche Lösungen helfen allen! Das Mountainbiken ist ohne Zweifel eine attraktive Sportart, die an Bedeutung zunimmt. Die Diskussion zur „freien Fahrt für Biker auf Forststraßen“ ist aus den Blickwinkeln der Freizeitgestaltung Einheimischer und der Tourismuswirtschaft zu betrachten. Insbesondere im Einzugsbereich von Ballungszentren nimmt der Druck der Einheimischen auf die Waldflächen stark zu. Aber sogar Vertreter der Mountain biker-Community artikulieren dazu sehr eindeutig, dass Mountainbiker auf Wegen fahren wollen und nicht auf Schotterbahnen, wie es die Forststraßen nun einmal sind. Auch vom Tourismus wird die generelle Öffnung der Forststraßen nicht gefordert. Es zeigt sich vielmehr, dass das Angebot an MTB-Routen nicht mehr in die Fläche entwickelt, sondern sehr punktuell ausgebaut wird. Es wird also versucht, über Trailparks Mountainbike- Zentren wie zum Beispiel Saalbach weiter zu forcieren und zu stärken. Beide Aspekte bestätigen, dass eine generelle Öffnung der Forststraßen völlig am tatsächlichen Bedarf an Singletrails vorbeigehen würde. Das Problem des „illegalen Fahrens“ im Wald wäre damit nicht gelöst. Das Befahren des Waldes abseits von Forststraßen wird nämlich auch von den Naturfreunden Österreich und dem Alpenverein strikt abgelehnt. Der Österreichische Forstverein setzt sich daher zum Wohle aller Waldnutzer mit Nachdruck dafür ein, dass das bestehende MTB-Routennetz dem Bedarf entsprechend auf vertraglicher Basis ausgebaut wird. Dann nämlich erst wird diese Sportart aus der Illegalität gehoben. SAG UNS deine Meinung Und wie siehst du diese Problematik? Sag uns deine Meinung: http://goo.gl/L91HY3 – oder auf diesem QR- Code reinklicken: FOTOS: privat 42 SPORTaktiv-BIKEGUIDE 2016

WOLFGANG PRESS ist freier Journalist und Redakteur bei den Internet-Portalen radsport-aktiv.de und mtb-aktiv.de. Er fährt seit 40 Jahren Rennrad und seit 25 Jahren Bike. Biken in Deutschland – so schaut’s aus ... Ein Blick ins deutsche Bundeswaldgesetz: „Das Radfahren ist im Wald auf Straßen und Wegen erlaubt. Die Länder regeln die Einzelheiten.“ So weit, so klar. Leider haben die deutschen Bundesländer das recht ausführlich und vor allem durchaus unterschiedlich geregelt: Da gibt es unsinnige Regelungen wie in Baden-Württemberg – Biken ist nur auf mindestens zwei Meter breiten Wegen erlaubt – und eine Vielfalt an juristischen Begriffen wie: feste Wege, geeignete Wege, Waldwege, Wirtschaftswege, Wanderwege, Fußwege, Fußpfade etc. Da sieht man den Wald vor lauter Wegen nicht mehr, und letztlich weiß keiner mehr genau, was gemeint ist. Um die oft lobbylosen Biker zu unterstützen, gibt es in Deutschland seit fast 15 Jahren die „Deutsche Initiative Mountainbike e.V.“ (DIMB), die heute über 70.000 Mitglieder hat, und sich recht erfolgreich bemüht, zwischen Radsportlern, Gemeinden, Waldbesitzern, Behörden und weiteren Beteiligten zu vermitteln und praktikable Lösungen zu erreichen. Manchmal muss aber doch der Hammer herausgeholt werden: So fällte auf eine Klage des DIMB in Bayern der Verwaltungsgerichtshof eine ermutigende Entscheidung. Darin wurde u. a. festgestellt, dass „auch schmalere Wege bei angepasster Fahrweise weder zum Radfahren von vornherein ungeeignet sind, noch auf ihnen stets eine erhöhte Gefahrenlage für Fußgänger besteht“. Ein Radfahr-Verbot, das die Gemeinde Ottobeuren für ihren Wald erlassen hatte, wurde damit in letzter Instanz aufgehoben. „Eine Klage ist für uns aber nur das letzte Mittel, sagt Heiko Mittelstädt, Projektleiter „Open Trails“ beim DIMB: „Wir arbeiten mit Naturschutzverbänden zusammen und bemühen uns um einen Interessenausgleich zwischen uns Sportlern, dem Forst und dem Naturschutz. Nicht Konfrontation, sondern Kooperation bringt uns wirklich weiter! BERND TSCHILTSCH, GF der Kommunikations-Agentur b3media, ist auch Chefredakteur des SportInsider, Österreichs Magazin für den Sportfachhandel. Mountainbiken in Österreich: The Twilight Zone! Der (Haftungs-)Thriller geht in die Verlängerung. Der Mountainbiker bewegt sein Fortbewegungsmittel in Österreichs Wäldern und Bergen sehr oft illegal durch die Landschaft. Noch ist zwar niemand von ambitionierten Forstaufsehern oder Jägern aus dem Sattel geschossen worden, aber die Situation muss eher ange- als entspannt genannt werden. Jährlich werden in Österreich etwa 150.000 Mountainbikes verkauft. Auch der Trend zum E-Mountainbike ist unübersehbar und dieses relativ neue Segment wird die Verkaufszahlen bei MTBs noch deutlich heben. Das einzige Problem dabei: Mountainbikes sind dafür konstruiert, um auf Berge rauf- und wieder runterzukommen. Das wiederum ist aber in Österreich nicht so einfach möglich, da die meisten Berge mittels Forststraßen zu erklimmen sind. Und das ist zumeist verboten. MTBs am Reißbrett konstruieren, irgendwo in Asien herstellen lassen und dann in Österreich gegen gutes Geld verkaufen: Der Rad- und Sportfachhandel ist sehr zufrieden, die Hersteller reiben sich die Hände. Alles eitel Wonne? Nein, ganz und gar nicht. Man möge mir bitte erklären: Skitourengehen und Freeriden sind den Sportlern mittels Sportartikel „Ski“ im Winter erlaubt – auch auf Forststraßen. Mit dem Sportartikel „Rad“ darf dieselbe Straße aber im Sommer nicht benützt werden. Das ist nicht logisch und gehört geändert – zugunsten der Radfahrer natürlich. Meine Kritik: Nur drei Vereine und ein paar Touristiker kämpfen um die Erlaubnis, diese Räder auf allen Forststraßen benützen zu dürfen. Etwas mehr Unterstützung seitens der MTB-Hersteller würde hier sehr positiv auffallen! WOLFGANG KRAINER ist Inhaber der Sportschule Krainer in Feld am See und selbst Bikeinstruktor und Bikeguide in der Region Bad Kleinkirchheim–Nockberge. WEB: sportschule.at Moutainbiken ist mittlerweile in allen Varianten ein Bergsport wie Wandern, Laufen, Klettern etc. auch. Niemand kann diesen Trend aufhalten, man kann sich diesem auch nicht verschließen. Es geht nun darum, das Radfahren in den Bergen in vernünftige Bahnen zu lenken, Regeln aufzustellen und einzuhalten. Diejenigen, die dies anstreben, sollen nicht gehindert werden, sie brauchen Unterstützung von allen Beteiligten und der Informationsfluss muss gewährleistet sein. Wenn dies nicht gelingt, sind auch wir, als Bike-Kompetenzzentrum und Touristiker, für eine generelle Öffnung der Forstwege. Waldwege und Trails sollten allerdings einer vertraglich abgesicherten Genehmigung etc. unterliegen. Einerseits ist der Mountain bike- Sport ein wichtiger Wirtschafts-, Freizeit- und Gesundheitsfaktor, der nicht mehr aufzuhalten ist. Andererseits gilt es, die Rechte der Grundstücksbesitzer und anderer Benutzer des Freiraums Natur zu wahren. Grundsätzlich hat die Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen durch den Eigentümer Priorität. Die Veröffentlichung und Bewerbung von Mountainbike-Strecken erfolgt daher nur mit Zustimmung des jeweils betroffenen Grundeigentümers auf der Basis von freiwilligen Verträgen. Durch das Kanalisieren auf offiziellen Routen soll gleichzeitig das illegale Befahren sensibler Bereiche eingedämmt werden. Dafür ist ständige Bewusstseinsbildung in Form von Informationsveranstaltungen, Schulungen und Kommunikation der Fair-Play-Regeln seitens der Gemeinden, Tourismusbüros und -betriebe notwendig. Das Ziel sollte es sein, in Zusammenwirken aller Beteiligten eine neue, klare und zeitgemäße gesetzliche Regelung für legales Biken zu erwirken – und zwar durch eine gemeinschaftliche, ökologische, forstwirtschaftliche, gesamtwirtschaftliche Vorgangsweise. 43

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