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SPORTaktiv Bikeguide 2021

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ICH VERSUCHE EINS ZU

ICH VERSUCHE EINS ZU WERDEN MIT MEINEM BIKE, MIT DEM TRAIL UND DEN NATÜRLICHEN GEGEBENHEITEN. Während des Studiums hast du das Mountainbiken für dich entdeckt. Bei einem Sturz brachst du dir drei Halswirbel. Deine Bike-Karriere ging danach aber erst so richtig los? So ungefähr. Die Verletzung hat den Oberkörper beeinträchtigt, ich hatte für einige Zeit Probleme, den linken Arm zu bewegen. Volleyballspielen war damit passé. Die Beine waren aber in Ordnung. Zuerst konnte ich wieder Ski fahren und dann saß ich vor allem auf dem Bike. Das war 2015. Fünf Jahre später bist du Schweizer Meisterin sowie Welt- und Europameisterin im Downhill. Wie konntest du so schnell so gut werden? Es hat mir Spaß gemacht! Außerdem waren meine Kolleginnen besser als ich. Ich habe versucht, ihnen hinterherzufahren und bin immer besser geworden. Das klingt so einfach. Fechten, Eishockey, Volleyball, Mountainbiken: Was ist der Schlüssel, in so vielen Sportarten so außergewöhnlich zu performen? Erst einmal weiß ich, dass Leistungssport harte Arbeit ist. Von nichts kommt nichts. Und ich denke, dass sich die Sportarten gegenseitig ergänzen. Im Hockey habe ich viel Explosivität und einen guten Muskeltonus im Oberkörper entwickelt. Der hilft dir beim Biken, um den Lenker im Griff zu haben. Ganz allgemein konnte ich durch meine Erfahrungen in den verschiedenen Sportarten meine Koordinationsfähigkeit verbessern. Vor allem habe ich aber gelernt, mir die spezifischen Bewegungsformen einer Sportart schnell anzueignen. Was ist die Bewegungsform des Bikens? Das ist schwer zu beschreiben, es hat viel mit Gefühl zu tun. Ich lasse mich sehr bewusst auf die Strecke ein. Das Ziel ist immer, in einen Flow zu kommen. Ich versuche eins zu werden mit meinem Bike, mit dem Trail und den natürlichen Gegebenheiten. Aber reicht das, um Weltmeisterin zu werden? Hast du sonst noch ein Erfolgsrezept? Vielleicht, dass ich viel beobachte? Ich versuche zu erfassen, warum andere Mindestens zwei Jahre will Weltmeisterin Balanche (Mitte) noch Downhillrennen fahren. CAMILLE BALANCHE wurde am 1. März 1990 in Le Locle (Schweiz) geboren. Sie wurde 2 x Schweizer Juniorenmeisterin im Fechten, wechselte zum Eishockey und belegte bei den Olympischen Spielen in Vancouver 2010 den 5. Platz. Sie spielte für die Volleyboys Biel in der 2. Volleyball-Liga, 2014 entdeckte sie das Mountainbiken für sich. 2019 wurde sie in Portugal Europameisterin im Downhill, 2020 in Leogang Weltmeisterin. Camille Balanche lebt gemeinsam mit der sechsfachen Schweizer Downhill-Meisterin Emilie Siegenthalter in Biel. Instagram: @cam.bal Fahrerinnen schnell sind. Und was man vielleicht besser machen kann. Außerdem analysiere ich meine Fahrten gerne im Video. Die Perspektive zu wechseln, ist sehr aufschlussreich. Wenn ich mir meine Konkurrentinnen beim Biken so ansehe, stelle ich aber vor allem fest, dass sie über eine bessere Grundposition, über bessere grundlegende Skills verfügen. Du bist trotzdem schneller. Bist du manchmal überrascht von dir selbst? Ja, ab und zu schon. Das muss ich zugeben. Mehr als überraschend war dein EM-Titel 2019 in Portugal, auf einer staubtrockenen Piste. Ein Jahr später wirst du im Matsch von Leogang Weltmeisterin, bei zwei Grad und Schneeregen. Waren das nicht voll- 34 SPORTaktiv

kommen unterschiedliche Bedingungen? Für mich nicht. Mir kam das Fahrgefühl sogar ähnlich vor. In beiden Fällen waren die Trails locker und rutschig. Nur die Temperaturen waren ziemlich unterschiedlich. Die WM in Leogang war chaotisch. Im Training bist du gestürzt. Deine Lebensgefährtin und Bikekollegin Emilie Siegenthaler hat sich im Training sogar das Kreuzband gerissen. Trotzdem bist du zum Sieg gefahren. Bist du nervlich so stark? Ich kann mich gut konzentrieren und fokussieren. Das liegt auch daran, dass ich schon so lange an Wettkämpfen teilnehme. Häufig bin ich im Rennen schneller als im Training. Ich weiß, dass ich gut bin, wenn es zählt. Das schenkt mir Sicherheit. Emilie ist deine erste Freundin, zuvor hattest du männliche Partner. Ist das deine große Stärke? Ganz einfach offen zu sein? Ja, so ist das wohl. Ich mache, was mir Freude bereitet, ob privat oder im Sport. Das zieht sich schon durch mein ganzes Leben. Welche Sportart kommt als nächstes? Mal sehen, vielleicht Synchronschwimmen? Nein, im Ernst: Die nächsten zwei Jahre bin ich definitiv auf dem Downhillbike unterwegs. Und dann? Keine Ahnung. Weiter denke ich nicht voraus. Alles ist möglich. Ich werde tun, was mir Spaß macht.

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