Aufrufe
vor 6 Jahren

SPORTaktiv Dezember 2017

  • Text
  • Sportaktiv
  • Dezember

DAS ENDE DES

DAS ENDE DES SYSTEM-KAMPFS DRUM PRÜFE, WAS SICH IN DER LOIPE BINDET. NACH JAHREN DER ZWEIGLEISIGKEIT KÜN- DIGT SICH EIN ENDE DES SYSTEM-DUELLS AN. ÜBER KURZ ODER LANG WERDEN ALLE BINDUN- GEN UND SCHUHE DER „NEW NORDIC NORM“ ENTSPRECHEN. VON KLAUS MOLIDOR Jahrelang schieden sich an einer dreistelligen Buchstaben-Kombination die Loipengeister. NNN oder SNS. „New Nordic Norm“ oder „Salomon Nordic System“ stehen für zwei Bindungssysteme bei Langlaufskiern. Eine Entscheidung in eine Richtung hatte immer eine Reihe an Konsequenzen. Durch die unterschiedlichen Bindungen bedurfte es auch unterschiedlicher Schuhe. SNS-Schuhe haben eine Rille in der Sohle und dazu zwei Metallstege, die in die Bindung einrasten. Das verleiht dem Skating-Ski mehr Stabilität, weil die Bindung die Pendelbewegung beim Rückholen minimiert. NNN-Schuhe wiederum haben zwei Rillen in der Sohle, dafür aber nur einen Metallsteg im Zehenbereich. Dieses System hat der norwegische Bindungsspezialist Rottefella erfunden. Direkter und stabiler Was die Sache im Lauf der Jahre weiter verkompliziert hat: Die Skifirmen haben sich entweder für das eine oder andere Bindungssystem entschieden. Also entweder oder. Kompatibilität Fehlanzeige. Wer also einen Ski X hatte und einmal ein Modell Y testen wollte, brauchte immer auch einen anderen Schuh. „Das hat es auch für die Verleiher kompliziert gemacht“, erklärt Christian Simonlehner, Langlauf-Spezialist von „Ski Willy“ in Ramsau am Dachstein. Brauchte, denn jetzt ist das Duell der Systeme entschieden. Und zwar zugunsten des NNN-Systems von Rottefella. „In drei, vier Jahren wird es nur noch das NNN-System geben“, schätzt Simonlehner und erklärt die NNN-Vorteile. „Die Sohlen sind nicht so hoch wie beim SNS-System. Dadurch ist das Gefühl direkter, du stehst flacher über dem Schnee.“ Die breitere Rottefella-Bindungsplatte trägt ebenfalls zur Stabilität bei, vor allem ungeübtere Langläufer kippen damit nicht so leicht auf die Kante. Salomon übernimmt aber nicht einfach die Bindungen vom norwegischen Spezialisten, sondern hat mit dem Prolink-System ein eigenes Komplettangebot im Programm. „Sie mussten reagieren. Zwar sind sie bei den Schuhen die Nummer 1, die Verkäufe sind aber zurückgegangen“, sagt Simonlehner. Auch, weil immer mehr Hersteller auf Rottefella-Bindungen gesetzt haben. Und davon profitieren am Ende Skifirmen beider Seiten. Denn mit Prolink kann man auch schnell einmal von einem Atomic-Ski auf ein Fischer- oder Madshus-Fabrikat umsteigen, ohne sich gleich einen neuen Schuh besorgen zu müssen. Damit öffnet sich für Salomon gerade auf dem Schuhsektor gleich wieder ein viel breiterer Markt und der Endverbraucher braucht vor dem Kauf nicht mehr überlegen, ob sein Schuh mit dem neuen Ski wohl auch kompatibel ist. Foto: Madshus 84 SPORTaktiv

Auch bei Fischer und Rossignol tut sich etwas. Beide nordischen Komplettanbieter sind eine Partnerschaft eingegangen und haben die „Turnamic“-Bindung entwickelt, die ebenfalls dem NNN-System entspricht. Während Fischer bislang schon auf Rottefella-Bindungen gesetzt hat und eigene Schuhe mit NNN-Sohle hatte, ist es für Rossignol ein Wechsel von SNS zum neuen Standard. Die Turnamic hat einen einfach bedienbaren Drehverschluss, mit dem der Einstieg in die Ski noch leichter funktionieren soll. Und wie Rottefella haben Fischer und Rossignol damit eine Bindung im Programm, die schnell und ohne Werkzeug verstellbar ist. Der Vorteil daran betrifft vor allem den klassischen Bereich mit Fell- aber auch Wachs-Skiern. Vor Anstiegen kann man die Bindung weiter nach vorne verschieben, was für mehr Grip sorgt, in der Ebene und auf Abfahrten wiederum kann man sie nach hinten stellen, wodurch sich die Gleitphase und damit die Geschwindigkeit verbessert. Elektrische Bindung Aber auch hier ist Rottefella schon wieder einen Schritt voraus. Auf der ISPO in München haben die Norweger die elektrische Version ihrer „Xcelerator“ vorgestellt. Mit ihr muss man zum Verstellen nicht mehr aus der Bindung steigen, sondern kann das bequem per Knopfdruck erledigen. Den kann man wie einen Ring am Stock oder Handschuh befestigen. Die Akkulaufzeit soll so stark sein, dass sich damit auch ein Wasalauf ausgeht. „Noch haben wir die nicht im Handel“, sagt Simonlehner vom Spezialisten „Ski Willy“. „Und es ist wohl auch fraglich, ob das wirklich in Serie gehen wird, weil das System zu teuer sein wird, und die modernen Bindungen wie eben die Turnamic auch schnell und ohne Werkzeug zu verstellen sind.“ SPORTaktiv 85

Magazin // E-Paper