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SPORTaktiv Dezember 2020

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2020

2020 WIRD WIEDER EIN REKORDJAHR FÜR DIE ÖSTERREICHISCHE KINDERRADMARKE WOOM. DABEI HÄTTE CORONA AUCH EINE KATASTROPHE BRINGEN KÖNNEN. DIE BEIDEN WOOM-GRÜNDER CHRISTIAN BEZDEKA UND MARCUS IHLEN- FELD ÜBER DIE EXPAN- SION IN CHINA UND DEN USA, WARUM DAS NÄCHSTE ZIEL MARS HEISST, DAS SYMBOL DER RAKETE ABER FALSCH IST. INTERVIEW: CHRISTOPH HEIGL UND ES HAT WOOM GEMACHT Woom ist eine Erfolgsstory. Wenn jetzt Marcus Ihlenfeld sagt: „Das war das Warm-up vor den Play-offs. Jetzt geht es erst richtig los!“ Was kommt noch? Marcus Ihlenfeld: Wir haben im Herbst neue Investoren mit frischem Kapital an Bord genommen. Es geht nicht darum, noch steiler zufli gen, in Richtung Gewinnmaximierung. Sondern wir wollen jetzt zum Mars! Also als Pioniere weiter innovatives Terrain erkunden. Christian Bezdeka: Und wer weiß? Vielleicht wartet hinter dem Mars auch noch was Interessantes. Wie schafft man ein gesundes Wachstum und wie bremst man sich ein, um nicht „gierig und unvernünftig“ zu handeln, wie es der neue Co-Geschäftsführer Guido Dohm formuliert? Ihlenfeld: Wir laufen seit sieben Jahren immer im oberen Drehlzahlbereich, da muss man sensibel sein und aufpassen. Eine Firma kann auch am zu starken Wachstum leiden. Ja, manchmal schmerzt es auch bei uns. Wir nehmen laufend so viele neue Mitarbeiter auf, dass wir unser Organigramm mit den Verantwortlichkeiten und Prozessen ständig ändern müssen. Wenn wir ein neues Organigramm hochladen, ist es in dem Moment schon veraltet. Man kann am Wachstum auch zugrunde gehen. Die Frage, wo gehen wir in die Tiefe und wo bleiben wir an der Oberfläche, ist gar nicht so leicht zu beantworten. Nur im D-A-CH-Raum zu sein, würde die Komplexität unseres Jobs sicher um 50 Prozent reduzieren. Fotos: woom 72 SPORTaktiv

Inwiefern hat euch Corona getroffen und wie beeinflusst es die Planung Ihlenfeld: Wir hatten drei Szenarios vorbereitet. Beim Worst Case hätten wir zugesperrt. Ich war schon auf der Bank und habe meiner Frau zu Hause gesagt, sie soll auch mit dem Allerschlimmsten rechnen. Wir sind von so vielen Zulieferern und Komponenten in Asien abhängig, wenn ein Teil fehlt, kannst du kein Rad zusammenbauen. Nach kurzer Zeit haben wir aber bemerkt, dass gar nichts wegbricht. Im Gegenteil. Es wurde das nächste Rekordjahr. Die Nachfrage ist explodiert, das arbeiten wir jetzt immer noch ab. Corona hat ja auch positive Seiten. Die Leute haben ihre Kinder Von links: die beiden Woom-Gründer Marcus Ihlenfeld und Christian Bezdeka mit dem neuen Co-Geschäftsführer Guido Dohm. zum Radeln rausgeschickt. Und wir verbringen mit Homeoffice und . jetzt fünfmal so viel Zeit mit unseren Kindern wie unsere Väter mit uns. Und klar, wir profitie en von den Megatrends Natur, Gesundheit, Nachhaltigkeit. Wir sind voll durchgesegelt. Die Wertbeständigkeit der Räder ist besonders bemerkenswert. Ihlenfeld: Das Modell Woom 2 hat 250 Euro im Jahr 2013 gekostet. Da mussten wir uns noch rechtfertigen, warum ein qualitativ hochwertiges Kinderrad eben mehr kostet. Jetzt sehe ich diese Räder gebraucht um 300 Euro! Die kenne ich gut, die habe ich ja noch selber in der Garage zusammengebaut. Da schreie ich fast: Kauft das nicht! Es gibt jetzt bei uns wesentlich bessere Modelle! Aber so gesehen sind wir mit der Entwicklung der Gesellschaft zufrieden. Wie lange wartet man aktuell auf ein neues Woom-Bike? Ihlenfeld: Es wird besser, aber leider hatten wir zwei bis drei Monate Wartezeit, das ist für uns und unsere Kunden inakzeptabel. Wir mögen unsere Kunden, wir mögen Menschen (lacht). Deshalb holen wir auch Teile der Produktion bzw. Endmontage nach Europa zurück und bauen den Standort und die Kapazitäten in Polen massiv aus. Die Ex-Garagenfirma will jetzt die b - liebteste Kinderradmarke der Welt werden. Wann hat man das erreicht? Ihlenfeld: Wir definie en uns bewusst nicht über Stückzahlen, sondern über MANCHMAL FÜHLT ES SICH AN, ALS WÄRE UNSER START ERST GESTERN GEWESEN, UND MANCHMAL WIE IN EINEM FRÜHEREN LEBEN. Kundenfeedback. Stückzahlen kann man erreichen, Liebe ist undefinierbar groß. Das Ziel ist wie das Nordlicht, an dem man sich orientiert. Das perfekte Fahrrad wird es nie geben, aber die Ambition, es zu machen. Wir wollen die beliebteste Marke sein, nicht die mit den meisten Stückzahlen. Wer von euch hätte das damals in der Garage gedacht? Bezdeka: Wir haben damals einen Businessplan geschrieben und den haben wir uns selbst nicht geglaubt (lacht). Und wer weiß, wo uns das noch hinbringt? Ihlenfeld: In Wirklichkeit wächst alles langsam, deshalb stimmt das Bild mit dem Aufstieg und der Rakete gar nicht. Es waren Treppen und Stufen aus dem Basislager bis auf den Mount Everest. Alle haben gesagt, ihr seid Idioten, das ist das Bescheuertste, was wir je gehört haben. Wie präsent sind die Erinnerungen an diese Anfangstage? Ihlenfeld: Wir hatten die Rahmen in der Garage. Februar, null Grad. Wir stehen mit Schals da und bekleben die Rahmen, immer fünf auf einmal. Du drehst dich um und schon fallen die Sticker wieder vom Rad, weil es so kalt war. So’n Scheiß. Bezdeka: Manchmal sind wir geistig noch in der Garage und sind überrascht, wie professionell unsere Teams und Experten arbeiten. Was wir in einem Monat machen, machen andere in einem Jahr. Ihlenfeld: Manchmal fühlt es sich an, als wäre unser Start erst gestern gewesen, und manchmal wie in einem früheren Leben. Aus der Garage in die ganze Welt. Wie wird das internationale Geschäft ausgerichtet? Ihlenfeld: Der Ausbau in den USA und in Europa ist der nächste Schritt. In Österreich haben wir einen guten Bekanntheitsgrad. Da kommt man an uns nicht vorbei, wenn man seinen Kindern Qualität kaufen will. Das steht uns in Deutschland und in der Schweiz noch bevor. Die Onlineforen und unser guter Job im Onlinebereich helfen uns aber enorm. SPORTaktiv 73

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