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SPORTaktiv Februar 2019

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Das Debakel bei Olympia,

Das Debakel bei Olympia, als sich Teresa neun Kilometer vor Schluss auf Platz zwei liegend verfuhr, hat auch einen positiven Aspekt. „Vielleicht haben mich auf diese Weise sogar mehr Menschen in Erinnerung, als wenn ich Silber gewonnen hätte.“ ,,EINE HEIM- WELTMEISTER- SCHAFT ERLEBST DU GENAU EINMAL IN DEINEM SPORTLER- LEBEN. DA MÖCHTE ICH MEIN VOLLES POTENZIAL ABRUFEN KÖNNEN.“ Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die gesamte Saison auf die Titelkämpfe ausgerichtet. Den Weltcup gibt es schließlich jedes Jahr, Olympische Spiele alle vier Jahre, „aber eine Heim-Weltmeisterschaft erlebst du genau einmal in deinem Sportlerleben. Da möchte ich mein volles Potenzial abrufen können“, sagt Teresa, die sich ausgerechnet bei der Tour de Ski zum Jahreswechsel eine hartnäckige Verkühlung einfing, die ihren Trainingsplan einigermaßen durcheinanderwirbelte. Wobei ohnehin geplant war, nach dem Etappenrennen eine Pause einzulegen und sich mit gezieltem Training auf die WM vorzubereiten und vorher nur noch ein Weltcuprennen zu bestreiten. „Wir haben gesehen, dass unsere Vorbereitung vergangenes Jahr auf Olympia perfekt aufgegangen wäre. Dort hätte es ja auch zu einer Medaille gereicht“, sagt Alois. Dass er diese Sätze im Konjunktiv ausspricht, liegt an dem vermaledeiten Fahrfehler, der Teresa in Pyeongchang unterlaufen ist. Ein Fehler, der sie die sichere Medaille kostete, aber ihr eine Unzahl an Sympathien einbrachte. „Ich habe danach Tausende Nachrichten über alle möglichen Kanäle bekommen. Und alle wollten mich damit aufrichten“, erzählt Teresa ohne Blick zurück im Zorn. „Und wer weiß: Vielleicht haben mich jetzt sogar mehr Menschen in Erinnerung, als wenn ich eine Medaille gewonnen hätte.“ Eine Aussage, bei der Alois, dessen Enttäuschung vor genau einem Jahr die ORF-Zuschauer live am Mikro mitbekommen haben („Verdammte Hitt’n noch amoi!“), kurz schlucken muss. Aber auch er glaubt: „Letztendlich hat der Fehler ihre Bekanntheit gefördert. Und Teresa ist ja auch als Mensch daran gewachsen. In dieser negativen Angelegenheit sind das die positiven Nebeneffekte.“ Wie aber ist es den Stadlobers gelungen, die Sache wirklich zu verarbeiten? Teresa lässt keinen Zweifel daran, dass der Prozess schneller abgeschlossen war, 190 SPORTaktiv

als viele glaubten. „Ich hab mit Papa noch im Zielraum darüber gesprochen, als ich im Zimmer war, hab ich daheim angerufen. Gut war, dass ich am nächsten Tag heimgeflogen bin, weg von dem Ort, wo es passiert ist. Und ich habe es mir genau ein Mal auf Video angeschaut.“ Nachsatz mit klarer Botschaft: „Ich gebe zu, das möchte ich mir nicht noch mal ansehen.“ Alois bestätigt: „Nach zwei Tagen sagte Teresa: Ich will nicht mehr drüber reden, es ist erledigt, kein Problem. Und so war es aus meiner Sicht auch.“ Dass sie trotzdem permanent darauf angesprochen wird, gehört zum Geschäft, wird von der 26-Jährigen aber mit Gleichmut getragen. „Der Fehler ist passiert, gehört zu meinem Leben. Ich kann ihn ja nicht rückgängig machen.“ Stattdessen wird der Blick lieber nach vorn gerichtet, nach Seefeld, wo eine Strecke auf sie wartet, die ihr nicht unbedingt auf den Leib geschneidert ist. Während sie es lieber schwer und anspruchsvoll mag, ist der Kurs dort relativ leicht, mit vielen Flachstücken und einfachen Abfahrten. „Wäre es ein Wunschkonzert, hätte ich mir den einen oder anderen Anstieg mehr gewünscht. Es gibt dort nicht solche Wände wie in Lahti oder Val di Fiemme, was mir entgegenkommt. Aber es ist für jeden gleich, damit muss jeder leben.“ Generell gilt: Stadlober bevorzugt den klassischen Stil, mag den Massen- lieber als den Einzelstart und wird besser, je länger die Distanz ist. Deshalb ist es für sie ein kleiner Nachteil, dass das 30-Kilometer-Rennen (immer alternierend bei Großereignissen) diesmal in der Skatingtechnik gelaufen wird. „Das war bei der WM in Lahti auch so, dort wurde ich Achte, lag lange im Spitzenfeld. Es geht also auch“, macht sie in Optimismus. Wichtig für sie wäre, wenn es das Feld im Laufe des Rennens „zerreißt“, es nicht zu einem Massensprint ins Ziel kommt. „Die Fähigkeit, zum Schluss noch einmal einen Spurt anreißen zu können, fehlt mir einfach. Das geht einer Therese Johaug aber ähnlich.“ Alois: „Die wird schon dafür sorgen, dass es eine Ausreißergruppe gibt. Da muss Teresa allerdings mithalten können, sonst schaut es schlecht aus.“ Die Liebe zum klassischen Stil, den auch Papa Alois bevorzugte, obwohl er in beiden Techniken erfolgreich war, erklärt sie so: „Diese schöne einheitliche Bewegung beim Gleiten taugt mir einfach. Um in der klassischen Technik stark zu sein, muss man auch gut zu Fuß laufen können. Das lag mir schon immer.“ Wie eine Halbmarathonzeit von 1:18,42, 2015 gelaufen, eindrucksvoll belegt. Beim Skating dagegen kommt es mehr auf Beinkraft an, sind die Läuferinnen mit den voluminösen Oberschenkeln im Vorteil. Alois setzt den strengen Blick auf. „Beim Skating hudelst du zu viel, versuchst zu sehr über die Frequenz zu gehen, weil du glaubst, dass du dadurch schneller bist.“ Das sei auch der Grund, warum ihr der Massenstart mehr liege, denn da können sie sich an Läuferinnen orientieren, die unmittelbar vor ihr laufen. „Es gilt, ökonomischer zu werden, um am Schluss noch die Kraft zu haben, Gas zu geben. Das versuchen wir jetzt noch zu verbessern.“ Ein ÖSTERREICHS HOFFNUNGSTRÄGER DIESE ATHLETEN KÖNNEN IN SEEFELD ZU ROT-WEISS-ROTEN MEDAILLEN-JÄGERN WERDEN. Je länger die Saison dauert, umso besser kommen Österreichs nordische Athleten in Fahrt. Bei den Skispringern schaffte es vor allem Stefan Kraft (Foto), dem Tiefflug der ÖSV-Adler zu trotzen. Nach mehreren Sprüngen aufs Podest sorgte er in Zakopane für den ersten Sieg eines österreichischen Skispringers seit fast zwei Jahren und legte prompt mit zwei Erfolgen nach. Der 25-Jährige ist bei den einst so erfolgsverwöhnten Springern allerdings der einzige Medaillenanwärter. Dafür zeigt auch bei den Damen die Formkurve nach oben, Eva Pinkelnig, vor allem aber Altmeisterin Daniela Iraschko-Stolz ist ein Sprung aufs Podest zuzutrauen. Während sich die Hoffnungen im Langlauf einzig und allein auf Teresa Stadlober beschränken, haben die Kombinierer eine bärenstarke Saisonbilanz vorzuweisen. Sowohl Mario Seidl (Gewinner des Nordic Triple) als auch Franz-Josef Rehrl schafften es in dieser Saison schon ganz nach oben aufs Podest, was vor allem für den Mannschaftsbewerb ein gutes Zeichen ist. SPORTaktiv 191

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