Beim Wien-Marathon wurde Buchleitner 2001 und 2004 Fünfter, 2003 als Vierter österreichischer Meister. Seine Bestzeit von 2:12:43 Stunden stellte er 1999 in Hamburg auf. DIE FÄHIGKEIT, MIT SIEG UND NIEDERLAGE UMZUGEHEN, DIE EMOTIONEN – DIE GIBT ES IM GESCHÄFTS LEBEN NICHT. es furchtbar gefunden, was da Ende der 1990er-Jahre passiert ist. Damals ist Blutdoping aufgekommen, EPO – schrecklich. Beim Marathon geht das aber nicht so einfach, weil es aufgrund der langen Belastung viel zu gefährlich wäre. Läufer können den Flüssigkeitsverlust ja nicht so ausgleichen wie Radfahrer.“ Dem Spitzensport den Rücken kehren war keine Option. „Es gibt nichts Schöneres, finde ich. Die Fähigkeit, mit Sieg und Niederlage umzugehen, die Emotionen – die gibt es im Geschäftsleben nicht, selbst im Privatleben nur partiell. Was da passiert, wenn etwas aufgeht, das ist unfassbar schön. Das möchte ich nicht missen. Und es ist die beste Lebensschule.“ So ist aus dem Hindernis-Ass ein Marathoni geworden. Mit dem absoluten Höhepunkt Olympia 2004. „Das Rennen an diesem klassischen Ort, der Einlauf in das alte Steinstadion von Panathinaikos, bummvoll, 56.000 Leute, die schwarze, enge Bahn, das war ein unglaubliches Erlebnis.“ Eines, das er genossen hat. Lange ist er nach dem Zieleinlauf noch im Stadion geblieben, um die Atmosphäre aufzusaugen. Aber kann man einen Lauf über 42 Kilometer in so einem Tempo überhaupt genießen? „Freilich“, sagt Buchleitner. „Es tut allen gleich weh, egal welches Tempo. Außerdem: Einen Marathon ein bisschen über 2 Stunden zu laufen ist – überspitzt gesagt – leicht. Einen Marathon in 5 oder 6 Stunden zu laufen – das ist wirklich schwer. Davor habe ich die größte Hochachtung.“ Die Erklärung dafür: Die Belastung ist die gleiche, nur die Dauer eine andere. „Spitzensportler kommen alle 15 Minuten zu einer Labestation. Hobbyläufer aber vielleicht nur alle 40 Minuten und verlieren in der Zeit natürlich mehr Flüssigkeit. „Mein schlimmster Marathon war einer um die vier Stunden, auf dem ich jemanden begleitet habe. Wahnsinn, wie mir da die Füße wehgetan haben.“ Worauf er in seinem eigenen Laufleben stolz ist: Dass er in keinem einzigen Wettkampf aufgegeben hat. Auch nicht, als er beim Adventlauf eine Gehsteigkante übersehen hat und sich das Seitenband gerissen hat. „Weil wenn du einmal aufgibst, wird es beim nächsten Mal leichter, es wieder zu tun, wenn es vielleicht einfach nur nicht optimal läuft.“ Eine Eigenschaft, die ihm auch im Job hilft. Denn Veranstaltungsgesetz, Sicherheitsvorschriften, Datenschutzgrundverordnung – alles Dinge, die die Organisation von Bewerben nicht leichter machen. Dazu kommt ein großes Freizeit- und Veranstaltungsangebot. Wie also überleben in der Branche? „Du brauchst Einzigartigkeit, musst dich von der Masse abheben“, sagt Buchleitner. Das macht beim World-Run das Format mit dem Catcher Car, das die Läufer nach und nach einholt. Das macht in der Wachau die Landschaft. Dazu ist die Strecke schnell, weil eben flach bis leicht fallend. „Es ist also für ambitionierte Läufer interessant hier zu laufen und auch 72 SPORTaktiv
ZEHN KILOMETER IST DER IN 57 MINUTEN GELAUFEN – MIT 82 JAHREN. IN DEM ALTER SO FIT ZU SEIN – DAS WÜRDE ICH MIR WÜNSCHEN. Foto: RunInc.Circle/Rainer Hackstock für reine Genussläufer, bei denen das Erlebnis im Vordergrund steht.“ Buchleitner ist aber keiner, dessen Horizont hinter Laufschuhen, Kilometerzeiten und Stabi-Übungen endet. Nach der Karriere hat er BWL studiert. „Drei bis sechs Jahre hätte ich mich dann in eine Wirtschaftsprüfungskanzlei setzen müssen. Dazu war ich dann nicht bereit.“ Zumal er mit Laufseminaren für Führungskräfte schon gutes Geld verdient hat. Der wirtschaftliche und juristische Background kommt ihm als Veranstalter heute aber sehr zugute. Auch zum Tennis hat er eine enge Bindung. Lange Jahre war er als Konditionstrainer von Jürgen Melzer tätig. Aus der Geschäftsbeziehung hat sich eine Freundschaft entwickelt. Auch weil es ein sehr prägendes Erlebnis gab. Bei den Australian Open haben sich Melzer und Roger Federer einen Tag vor ihrem Match auf dem Centre Court eingeschlagen. Federer hat nach kurzer Zeit befunden, dass es genug ist. Also hat Melzer seinen Konditionstrainer auf den Platz gerufen. „Ich bin ein ganz guter Tennisspieler, vor allem damals war ich gut in Schuss“, erinnert sich Buchleitner. Die große, wenn auch bis auf ein paar Security-Mitarbeiter leere Arena hat ihn aber fast erschlagen. „Das war ein unglaubliches Gefühl. Ich war so aufgeregt, dass ich von den ersten 15 Bällen keinen einzigen übers Netz gebracht habe.“ Eine weitere Leidenschaft neben dem Laufen ist das Reisen. Durch den Sport und seine Trainertätigkeit war er schon auf allen Kontinenten. „Das öffnet den Geist – das versuche ich auch meinen Kindern mitzugeben. Ich lerne neue Leute kennen und fast auf jeder Reise ergibt sich ein dauerhafter Kontakt.“ Immer mit im Gepäck ist natürlich die Sportausrüstung. Radfahren, Wandern, Laufen – sportlich aktiv zu sein gehört für Buchleitner einfach dazu. Das sieht man ihm auch 14 Jahre nach dem Ende seiner Karriere an. Schlank wie eh und je. Gerade hat er mit seinem Sohn für die Aufnahmeprüfung ins Sportgymnasium trainiert. „Ich würde die Prüfung schaffen“, sagt er nicht ohne Stolz. Vorbild ist ein älterer Herr, den er im Ziel in Pinkafeld einmal gesehen hat. „Zehn Kilometer ist der in 57 Minuten gelaufen – mit 82 Jahren. In dem Alter so fit zu sein – das würde ich mir wünschen.“ Auf einem guten Weg ist er. Jeden zweiten Tag schlüpft er in die Laufschuhe, genießt die Riesenportion Sauerstoff und den meditativen, psychohygienischen Effekt seines Lieblingssports. Danach macht er immer Gymnastik. Nach jedem Lauf, selbst wenn es nur fünf Kilometer waren. „Ich hab auch das Riesenglück, dass ich mit dem Gewicht keine Probleme hab. Jahrelang war mein Neujahrsvorsatz auf 80 Kilo zu kommen. Keine Chance. Ich komm nicht drüber.“ Buchleitner denkt aber auch weiter. Beim Wachaumarathon gibt es kein Plastik mehr – Startersackerl, Regenponchos – alles aus biologisch abbaubaren Materialien. Und er denkt auch an künftige Läufergenerationen. Darum ist auch nicht der Wachaumarathon oder der World-Run sein „Baby“, sondern der „KinderBURGlauf“ nahe der Burg Liechtenstein bei Maria Enzersdorf. „Das ist einer der wenigen reinen Kinderläufe. Damit verdienen wir nichts, aber mir geht das Herz auf.“ MICHAEL BUCHLEITNER Der gebürtige Mödlinger war Spezialist über 3000 m Hindernis. Über diese Distanz startete er 1992 bei Olympia in Barcelona. Bei den Spielen 2000 und 2004 lief den Marathon. Seit 2004 veranstaltet er den Wachaumarathon. www.runinc.at SPORTaktiv 73
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