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SPORTaktiv Freerideguide 2019

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TRAVIS RICE ÜBER FLOW

TRAVIS RICE ÜBER FLOW MIT SEINEN LINES HAT ER UNS FASZINIERT. MIT SEINEN FILMEN HAT ER UNS INSPIRIERT. DER US-AMERIKANER TRAVIS RICE IST EINER DER GRÖSSTEN SNOWBOARDER ALLER ZEITEN. WER SO WEIT KOMMEN MÖCHTE, DER SOLLTE DABEI EINES BLEIBEN: IMMER SCHÖN IM FLOW. INTERVIEW: AXEL RABENSTEIN Travis, wenn du die Augen schließt und ans Snowboarden denkst. Was siehst du? Ich sehe die pure Präsenz. Ich sehe kreativen Ausdruck. Und ich sehe Vergnügen. Ist Snowboarden ein Gefühl für dich? Absolut! Ich spüre, wie ich mich in die Kurve lege. Es ist ein Gefühl von Vertrauen, wie das Board reagieren, welchen Radius es ziehen wird. Ein Hochgefühl von kaum vorhandener Traktion im Tiefschnee. Als würde man schweben. Du lehnst dich rein und lädst dich mit der Kraft auf, die durch die runde Bewegung entsteht. Du gehst hoch und gibst die Kraft frei, es folgt ein Moment der Schwerelosigkeit, dann lädst du dich im nächsten Turn wieder auf. Ich denke, das ist es, was das Snowboarden ausmacht: Es ist der Turn. Bei dir machen das Snowboarden auch meterhohe Sprünge und beinahe vertikale Abfahrten aus: Würdest du dich als Extremsportler bezeichnen? Auf keinen Fall. Die Bezeichnung der ‚Extremsportarten‘ habe ich nie für besonders geeignet gehalten. Aktivitäten wie Surfen oder Snowboarden werden von Leuten als extrem bezeichnet, die selbst eher einen ruhigen Lifestyle verfolgen. Sportarten wie diese sind actiongeladen, gleichermaßen expressiv und intensiv. Die Leute fahren Skateboard oder Motocross und andere sagen: Seid ihr verrückt? Für mich ist diese Frage ehrlich gesagt frustrierend, auch wenn sie meistens von ziemlich unbedarften Leuten gestellt wird. Du bist also nicht verrückt? Nein, ich bin nicht verrückt. Und andere, die Sportarten wie diese ausüben, sind es auch nicht. Sie sind nur auf besondere Weise mit sich und ihrem Umfeld verbunden. Dabei sind sie in der Lage, in einen Flow zu kommen. Flow ist allerdings ein ziemlich vielschichtiger Begriff. Und vor allem ist Flow eine sehr persönliche Sache. Inwiefern? Ich denke, dass sich der Flow von Person zu Person unterscheidet. Als einfachste Definition könnte man sagen, dass Flow ein Zustand von totaler Präsenz ist. Deine Sinne sind voll stimuliert. Du fühlst dich direkt mit deiner Intuition verbunden. Der Affengeist, das sinnlose Umherschweifen von Gedanken, ist nicht existent. Meine Identität, die Identität, die ich selbst entwickelt und für mich kreiert habe, fällt von mir ab. Ich befinde mich außerhalb der Schubladen und Schachteln, in die ich mich und Fotos: Tim Zimmermann/Red Bull Content Pool, Eloi Stichelbaut/Dongfenf Race Team 86 SPORTaktiv

TRAVIS RICE wurde am 9. Oktober 1982 in Jackson Hole (Wyoming) geboren. Mit 19 Jahren gewann er die X-Games im Slopestyle, 2006 siegte er beim Air&Style in München, bei den X-Games 2009 gewann er Gold im Big Air. Rice gilt als einer der besten Allround-Snowboarder aller Zeiten, mit seinen Filmen „The Art of Flight“ (2011) und „The Fourth Phase“ (2016) erreichte er weltweit ein Millionenpublikum. www.travisrice.com mein Umfeld im Laufe meines Lebens gepackt habe. Fernab der vorgefertigten Meinungen, mit denen ich mich selbst beeinflusse. Meine Persönlichkeit hat Sendepause. Limitierende Einflüsse werden ausgeblendet und machen Platz für einen reinen, glückseligen Moment. An welch besonderen Moment erinnerst du dich? Ich habe das große Glück, Momente wie diese immer und immer wieder zu erleben. Es gab Zeiten, zu denen ich gar nicht darüber nachgedacht habe, was mir in so einem Augenblick widerfährt. Bis ich etwa dreißig Jahre alt war, habe ich das gar nicht reflektiert. Es war fast schon normal für mich. Wann war es mal nicht normal? Da fällt mir der Air&Style Contest in München 2006 ein. Der Sprung, mit dem ich gewinnen wollte, ging in den ersten beiden Versuchen schief. Beim Air&Style darfst du den gleichen Trick aber nur zweimal versuchen. Im letzten Anlauf musste ich also einen anderen Sprung zeigen. Mein Board war an der Nose gebrochen, ich hatte keine Zeit mehr, es zu wechseln ... SPORTaktiv 87

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