DASS RADREISEN BALSAM FÜR DIE SEELE SIND UND ZUGLEICH FUTTER FÜRS HIRN: DAS WEISS WOHL NIEMAND BESSER ALS MANUELA MACEDONIA. DIE NEUROWISSENSCHAFTERIN FORSCHT ZU DEN AUSWIRKUNGEN VON BEWEGUNG AUFS GEHIRN UND IST BEGEISTERTE SPORTLERIN MIT LEIDENSCHAFT FÜRS TOURENRADFAHREN. MIT HERZ FÜRS HIRN VON CHRISTOF DOMENIG Sport und Bewegung helfen dem Geist auf die Sprünge. Aber wie und warum eigentlich genau? Es war Zeit, dass jemand den aktuellen Stand der Wissenschaft fundiert, für Laien verständlich und mit Charme und Witz zusammenfasst. Die an der Universität Linz tätige Neurowissenschafterin Dr. Manuela Macedonia hat das getan und 2018 das Buch „Beweg dich – und dein Gehirn sagt Danke“ herausgebracht. Zum Erscheinen schwang sich die Wissenschafterin aufs Bike und radelte von Oberösterreich in ihre alte Heimat, das italienische Aostatal. Wir haben mit ihr übers Tourenradeln gesprochen – und natürlich, warum man gerade mit Ausdauersport im moderaten Pulsbereich seinem Gehirn Gutes tut. Unmittelbar nach dem Erscheinen Ihres Buches sind Sie über 1000 Kilometer weit ins Aostatal, Ihre ursprüngliche Heimat, geradelt. Was war der Gedanke hinter der „#Heimradeln“-Tour? Im Buch steckt viel Fachwissen, aber auch viel Autobiografisches. Während des Schreibens habe ich intensiv über meine Kindheit und Jugend nachgedacht, über Menschen, die mich begleitet und inspiriert haben. Der Einfluss meiner Großmutter als Identifikationsfigur – obwohl beruflich als Bäuerin ganz woanders angesiedelt – auf meinen Werdegang war mir bis dahin gar nicht bewusst. Als ich das „entdeckt“ hatte, ist in mir viel Dankbarkeit aufgekommen. Und vielschichtige Gefühle sind hochgekommen, die durch die Jahre im Ausland, während meiner Beschäftigung in der Forschung, irgendwo verschüttet waren. Das Schreiben hat in mir eine Art tektonische Gefühlsbewegung ausgelöst und große Sehnsucht nach Orten und Menschen, die es nicht mehr gibt. Es war also ein Heimkommen in der Vergangenheit, ein Eintauchen in die Kindheit und Jugend, gedanklich und sportlich. Welche Route sind Sie gefahren? Und wie ist es Ihnen auf dem Weg ergangen? Ich bin von Wels zum Attersee, nach Unken, Schwaz, Südtirol und weiter zum Gardasee gefahren. Dann habe ich alle norditalienischen Seen an ihrer südlichen Spitze berührt, danach ging es durch die Reisfelder der Poebene und zuletzt in den Nordwesten, in die Berge hinein, nach Saint Vincent, den Heimatort meiner Kindheit. Ich habe davor den ganzen Sommer trainiert, nicht verbissen, aber konstant. Die Fahrt war wunderschön, immer um die 100 Kilometer pro Tag und ohne Druck. Insgesamt waren es 1165 Kilometer und 12.000 Höhenmeter an 11 Tagen, mit einem Tag Pause am Gardasee. Was bedeutet Ihnen generell das Tourenradfahren? Eignet sich das weite Radfahren durch eine schöne Landschaft besonders gut zum Nachdenken? Das Tourenfahren ist für mich Freiheit und Glück. Ich fahre am liebsten allein. Dann bestimme ich mein eigenes Tempo, radle meditativ dahin, allein mit meinen Gedanken, die Natur genießend. Tourenfahren ist für mich eine herrliche Möglichkeit meinen Kopf freizukriegen: Es gilt nur zu fahren, nicht an das Experiment X zu denken, an den Gutachter Y oder an die Deadline. Das funktioniert nur, wenn man lange am Rad sitzt. Eine Stunde bringt nichts, 10 Stunden machen frei. Sie schreiben über das Laufen, dass es Ihnen nicht von vornherein Freude bereitet, sondern eher das Gefühl danach – und vor allem das Wissen, Ihrem Gehirn Gutes getan zu haben. Wie ist das beim Radfahren? Im Gegensatz zum Laufen macht mir das Radfahren tatsächlich ab der ersten Minute immer Spaß, dazu muss ich mich nie überwinden. Mit dem Rad erweitert sich mein Bewegungsradius, ich sehe viel mehr und viel Neues, erlebe Landschaften, Gerüche, die Stimme des Waldes mit 108 SPORTaktiv
1165 Kilometer und 12.000 Höhenmeter als Abschluss zum Buchprojekt: „Tourenfahren ist für mich Freiheit und Glück“, sagt Manuela Macedonia. Fotos: Kübra Soyuk SPORTaktiv 109
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