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SPORTaktiv Juni 2020

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Man hört von Spielern

Man hört von Spielern nach Matches in Hexenkessel-Atmosphäre oft den Satz: „Für solche Spiele bin ich Profi geworden.“ Gilt umgekehrt: „Für Geisterspiele bin ich bestimmt nicht Profi geworden“? Nein. Erstens ist es eine Ehre, wenn man mit seiner Leidenschaft Geld verdienen kann. Dann kommt dazu, dass man gern vor vollem Haus spielt. Ich als Profi bin aber froh, dass ich jetzt überhaupt wieder spielen kann, auch wenn nicht fix ist, dass wir die Saison zu Ende bringen können. Und, ja, drittens würden wir uns freuen, wenn die Stadien bald wieder voll sind und wir den oben zitierten Satz wieder sagen können. Gladbach wurde nach sieben Punkten aus vier Geisterspielen schon als „Geister-Meister“ gefeiert. Warum kommt ihr mit diesen Bedingungen so gut zurecht? Uns kommt sicherlich entgegen, dass wir eine spielstarke Mannschaft haben mit vielen spielerisch versierten Akteuren. Ich hatte in den meisten Partien das Gefühl, dass wir das Tempo mit dem Ball kontrollieren und unser Spiel aufziehen konnten. Für den Gegner ist es dann nicht einfach, erst recht, wenn die Fans fehlen, die ihn nach vorne pushen können. „ICH HALTE WENIG VOM SALARY CAP” GLADBACHS PUBLIKUMS-LIEBLING STEFAN LAINER IM GROSSEN INTERVIEW: ÜBER GEISTERSPIELE, DAS KRISEN-MANAGEMENT VON MARCO ROSE, GEHALTSVERZICHT, VORBILDFUNKTION UND DEN TITELKAMPF IN DER DEUTSCHEN BUNDESLIGA.“ VON MARKUS GEISLER 182 SPORTaktiv

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat ein striktes Sicherheitskonzept entworfen mit weitreichenden Maßnahmen, die teils ins Private der Spieler gehen. Hat sich dein Leben seit Trainingsbeginn stark verändert? Ich bin schon einer, der gern mit seiner Frau ins Restaurant geht oder mit Freunden etwas unternimmt. Ich war seitdem nicht ein mal in einem Lokal – das geht mir schon ab. Aber auch Kleinigkeiten sind gewöhnungsbedürftig: Die Maske ist überall dabei, man desinfiziert sich immer und überall. De facto bin ich nur noch zu Hause oder im Hotel, wenn wir in Quarantäne sind. Gutes Stichwort: Es gibt Bilder, auf denen du mit Gitarre in euer Hotel im Borussia Park einziehst. Sitzt ihr dann im Kaminzimmer, du spielst DJ Ötzi und alle singen mit? (Lacht.) Nein, nein, auch im Hotel ist jeder überwiegend in seinem Zimmer. Aber ich denke, man kann seine Zeit sinnvoller nutzen als nur fernzuschauen oder Play Station zu spielen. Deswegen war die Gitarre dabei. Ich wollte mich mal wieder in anderen Bereichen verbessern und kann dabei gut entspannen, das ist ein wichtiger Ausgleich für mich. Viel wird in diesen Zeiten über die Zukunft des Fußballs diskutiert. Ein Ansatz ist der in den USA übliche Salary Cap, eine Art Gehaltsobergrenze. Einverstanden? Schwieriges Thema! Wenn es den Salary Cap nur in Deutschland gäbe, würden die Topspieler womöglich alle nach England oder Spanien gehen. Dann wäre es kontraproduktiv. Er müsste also für ganz Europa gelten, was wohl schwer umsetzbar wäre. Ganz grundsätzlich halte ich eher wenig davon. Das Fußballgeschäft gehört zur freien Marktwirtschaft wie jede andere Branche auch. Wenn jemand bereit ist, für gewisse Leistungen einen gewissen Preis zu bezahlen, dann ist das einfach so. In der Autoindustrie gibt es ja auch keine Obergrenzen für die besten Designer oder Ingenieure. Ich denke aber trotzdem, dass sich das Geschäft verändern wird. Inwiefern? Es wird ein Umdenken bei den Vereinen stattfinden. Der eine oder andere Klub wird nicht mehr das Maximum an Gehalt ausschütten oder in Transfers investieren, sondern vermehrt Rücklagen bilden, um auf so eine Art von Krise vorbereitet zu sein. Es wird nachhaltiger gewirtschaftet werden, vorsichtiger. Dadurch wird sich auch das Gehaltsgefüge ändern. Gladbach war der erste Klub in Deutschland, bei dem die Spieler freiwillig auf einen Teil ihres Gehalts verzichteten. Wie kam das zustande? Wir wussten, dass der Verein mit Einbußen zu kämpfen hatte. Viele Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt, mit den meisten von ihnen stehen wir täglich in Verbindung. Uns war es ein Anliegen, sie zu unterstützen, damit sie ihr volles Gehalt bekommen und auf möglichst wenig verzichten müssen. Fotos: Getty Images Von der Idee des Fanprojekts Mönchengladbach, Pappkameraden in den Borussia Park zu stellen, ist Lainer begeistert. „Eine coole Aktion, die was hermacht.“ Euer Trainer Marco Rose gilt als Spezialist in Sachen Menschenführung. Gab es besondere Maßnahmen, mit denen er euch durch die Corona-Krise gelotst hat? Ja, schon. Er ist ein sehr authentischer Trainer, dementsprechend offen und SPORTaktiv 183

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