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SPORTaktiv Februar 2017

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OUTDOOR HANNES REICHELT

OUTDOOR HANNES REICHELT ÜBER ... TEUFELS- KERLE ER TRIUMPHIERTE AUF DEN LEGENDÄREN ABFAHRTEN in Wengen und Kitzbühel. Er gewann den Weltcup im Super-G und wurde zum ältesten Ski-Weltmeister der Geschichte. Wie einem das gelingt? Indem man weghört, wenn das Engelchen zur Besonnenheit rät. Und stattdessen öfter mal einen Teufelsritt hinlegt … TEXT: Axel Rabenstein Hannes, du bist in Radstadt aufgewachsen. Was siehst du, wenn du an deine Kindheit in den Bergen denkst. Sonne oder Schnee? Ich sehe Schnee! Es ist ein richtig schöner, verschneiter Tag. Und dann sehe ich mich, wie ich mit meinen Teamkollegen zwischen den Stangen am Trainieren bin. Wann war für dich klar, dass du Ski-Rennfahrer werden möchtest? Da gab es ein Schlüsselerlebnis: Als Rudi Nierlich 1991 in Saalbach den WM-Titel im Riesenslalom gewann, hat es mich gepackt. Ich war fasziniert von dieser Begeisterung und wollte eines Tages selbst so einen Titel holen. Dieses Ziel habe ich verfolgt. Und Kinderziele verliert man nicht so leicht aus den Augen. Das war vor 25 Jahren. Heute blickst du auf eine glanzvolle Karriere zurück. Wie schaffst du es, dich immer noch zu pushen? Ich weiß, wie schön es ist, wenn nach einem Rennen die Anspannung abfällt. Du bist voll fokussiert, es brennt in den Beinen und tut auch mal weh. Aber dann schwingst du unten im Ziel ab und weißt, dass du ans Limit gegangen bist. Es ist ein erhabenes Gefühl, zu spüren, dass man den 100 Prozent der eigenen Leistungsfähigkeit ganz nahe gekommen ist. Rät einem der gesunde Menschenverstand nicht davon ab, diese 100 Prozent auszutesten? Und wie! Bei mir streiten sich immer das Engelchen und der Teufel. Der Engel macht dir gerne mal einen Strich durch die Rechnung und sagt: Tu langsam, Hannes! Der Teufel sitzt auf der anderen Schulter und flüstert mir ins Ohr: Gib Gas, du willst doch was gewinnen! Die beiden muss man in Einklang bringen. Nicht zu viel riskieren, aber trotzdem wettkampffähig sein und ans Limit gehen. Da verlierst du auch mal die Linie und fühlst dich unwohl. Dabei trotzdem volles Tempo zu gehen … das ist die Kunst. Für den Sieg muss man also sprichwörtlich einen „Teufelsritt“ hinlegen? Meistens schon. Es passiert mir regelmäßig, dass ich im Ziel abschwinge und mir denke, dass es kein perfekter Lauf war. Aber wenn es sich perfekt anfühlt, warst du selten schnell. Wenn du dir allerdings denkst: Das war knapp! Der Sprung war heikel! In der Kurve hätte es mich fast zerrissen! Dann leuchtet schnell einmal der „Einser“ auf der Anzeigetafel auf. Der Blick auf die Anzeigetafel ist also oft eine Überraschung? Definitiv. Es ist eine Wundertüte, das eigene Gefühl kann einen ganz schön täuschen. Aber das ist ja auch das Faszinierende an unserem Sport: Erst, wenn du unten abschwingst, verrät dir die Zeit, wie gut es wirklich war. Kann man sagen, dass du den Teufel lieber magst als den Engel? Naja, ich mag sie beide. Aber der Teufel hat natürlich seinen Reiz. Er FOTO: Red Bull Content Pool/Samo Vidic 160 SPORTaktiv

Nr. 1; Februar / März 2017 161

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