Aufrufe
vor 6 Jahren

SPORTaktiv Februar 2018

  • Text
  • Fitness
  • Outdoor
  • Biken
  • Laufen
  • Laufspecial
  • Sportaktiv
  • Magazin

VON ÜBERALL NACH

VON ÜBERALL NACH OSTTIROL DER DOLOMITENLAUF IN OBERTILLIACH IST NICHT NUR EIN KLASSIKER IN DER HEIMISCHEN LANGLAUFSZENE. NORDISCHE SPORTLER AUS 24 NATIONEN MACHEN DEN DOLOMITENLAUF ZU EINEM INTERNATIONALEN ERLEBNIS. SPORTAKTIV WAR AUF BEIDEN SKATING-DISTANZEN LIVE DABEI. VON KLAUS MOLIDOR Liegt Babylon in Osttirol? Zumindest erreicht das Sprachgewirr im tiefwinterlichen Obertilliach babylonische Ausmaße. Der Grund, warum Franzosen, Russen, Schweizer, Italiener, Deutsche, Norweger, Finnen, Tschechen, Letten, Japaner, Australier und auch Österreicher Wechselsprünge und Armkreisen bei dichtem Schneefall vollführen? Aufwärmen für den 44. Dolomitenlauf. Österreichs einzigen Beitrag zum „Worldloppet“, einer weltweiten Serie von Volkslangläufen. Inspiriert vom Wasalauf, der schwedischen Urmutter aller Langlauf-Klassiker, der im Original Vasaloppet heißt, hat sich diese Serie entwickelt. Ein elitärer Zirkel von nur 16 Vollmitgliedern rund um den Globus. Wasalauf, Engadin Skimarathon, der Birkebeiner in Norwegen – um solche Kaliber geht es und der Dolomitenlauf ist der einzige heimische Beitrag dazu. Der Ruf der Serie zieht – nur rund ein Viertel der insgesamt 500 Skating-Finisher kommt aus Österreich. Mittendrin im Starterfeld aus Spitzenathleten, Genussläufern und ambitionierten Hobbyläufern im Rennanzug steht das SPORTaktiv-Doppel aus Geschäftsführer Alfred Brunner und meiner Wenigkeit. Er mit oranger Startnummer für die 42 Kilometer, ich mit der blauen für die Halbdistanz. Nach ein paar flachen Metern und dem üblichen Startgedränge samt Stürzen, Stockhieben und Überholslalom geht es das erste Mal bergauf. Ein Kaltstart für Herz, Kreislauf, Oberschenkel und Trizeps. War das mit wenig Vorbereitung wirklich die richtige Idee? Egal, die Schlange Fotos: Dolomitenlauf, Viertbauer Horst 194 SPORTaktiv

Das SPORTaktiv-Doppel beim Dolomitenlauf. Alfred Brunner (oben) absolvierte die 42 Kilometer in 3:24 Stunden, Klaus Molidor (oben links) brauchte für die Halbdistanz 2:09 Stunden. windet sich durch die Landschaft, links oben winkt aus Obertilliach schon der Zielbogen herunter auf die Strecke. Ein zweiter kurzer Anstieg, dann kann sich die Lunge erholen. Bergab ist Zeit für einen Blick in die Kulisse. Mystisch wirkt sie, mit den dunklen Wolken. „Lady passing“, ruft plötzlich eine Engländerin aus dem Windschatten und gleitet elegant durch die Rechtskurve. Wenig später erhasche ich den Windschatten eines super Läufers. Dynamischer Eins-Einser-Schritt, perfekte Technik, scheinbar müheloses Gleiten und auf dem Ski steht – ein sechsjähriger Bursche. Zu früh kann man mit dem Sport scheinbar nicht beginnen. Inzwischen geht es immer noch bergab, die Kilometermarkierungen fliegen dahin. Der rasende Vortrieb wird nach rund 8 Kilometern gestoppt, durch ein U-Hakerl geht es retour Richtung Biathlonzentrum Obertilliach und es ist klar: Ab hier geht es fast ausschließlich bergauf. Nicht immer steil, aber immer bergauf. Dafür belohnt dich die Natur. Auf einer schmalen Loipe kurvt die Strecke durch den Wald. Felix Gottwald kommt einem in den Sinn: Präsenz, sagt er in seinen Seminaren. Hier und jetzt, ganz bei dir sein. Das ist es. Stockeinsatz, Ski auf den Boden abstoßen und von vorn. Begleitet vom Soundtrack des eigenen Atems. Und schwupp – rückt das Biathlonzentrum in Sichtweite und ein Schrei reißt mich aus der Lauftrance. Die Fünf- Mann-Spitzengruppe aus Frankreich rast vorbei, Adrien Mougel gewinnt über die 42 Kilometer am Ende in 1:55:05,72. Da schnauft der schreibende Langlauflehrling gerade aus dem Stadion hinaus dem letzten Anstieg entgegen. Endlich taucht der Zielbogen wieder auf, der falsche Hund. Dahinter geht es nämlich noch 200 Meter weiter ins Zentrum von Obertilliach. Immerhin ist mir die zweite Runde erspart geblieben. Alfred Brunner nicht. Zehn Jahre nach seinem letzten Dolomitenlauf („Der letzte, der in Lienz stattgefunden hat“), hat er sich die volle Distanz gegeben. Und perfekt eingeteilt. Ein „negative split“, also eine schnellere zweite Runde zeugt davon. Ebenso wie der Eins-Einser-Schritt bei Kilometer 38. „Das macht mich sehr stolz.“ SPORTaktiv 195

Magazin // E-Paper