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SPORTaktiv Oktober 2019

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Lilli Brugger zeigt

Lilli Brugger zeigt unserem Redakteur Markus Geisler, wie schwer es ist, einen Tennisball zu treffen. Unten: das vielschichtige Gewand eines Fechters inklusive Waffe und Maske. also stürme ich beim nächsten Kommando auf Lilli los und versuche im Hurra-Stil, meine Florettspitze auf ihren Oberkörper zu rammen. Pustekuchen. Als ob sie jeden meiner Gedanken vorausahnen könnte, schiebt sie mein Florett locker zur Seite und deutet eigene Treffer an. So nett ich es finde, dass Lilli mir zuliebe nicht permanent einen Treffer setzt, so sehr könnte ich allerdings eine Pause gebrauchen. Denn je länger das Gefecht dauert, umso mehr geht mir unter der engen Maske die Puste aus. Dass die Westen aus Sicherheitsgründen eng am Hals sitzen, macht die Sache auch nicht angenehmer. Immerhin motiviert mich Trainer Moritz von außen. „Angriff, Parade, Riposte“, ruft er, wobei Letzteres bedeutet, dass man nach einer abgewehrten Attacke direkt zum Gegenangriff startet. Guter Gedanke, da er aber für beide Fechter gilt, ziehe ich dabei grundsätzlich den Kürzeren. Zu meiner Ehrenrettung muss gesagt werden, dass Lilli Brugger zu den gehyptesten Aufsteigern der nationalen Fechtszene gilt. Heuer gerade erst 19 Jahre alt geworden, vertrat sie Österreich bei der 124 SPORTaktiv Fotos: Thomas Polzer

Europameisterschaft in Düsseldorf und bei der Weltmeisterschaft in Budapest, wobei es ihr bei erstem Event sogar gelungen ist, die französische Vizeweltmeisterin Ysaora Thibus zu schlagen. „Das war auch deswegen genial, weil sie immer ein Vorbild von mir war“, sagt Lilli. Olympia in Tokio dürfte für die Salzburgerin noch eine Spur zu früh kommen („Versuchen werde ich es trotzdem“), die Spiele 2024 und 2028 hat sie dafür fest im Visier. „Dann bin ich im besten Fechtalter“, sagt die Heeressportlerin, die neben dem ganzen Wettkampfstress und ihrer Grundausbildung auch noch die Matura im Sommer abgeschlossen hat. Aus dem besten Fechtalter dürfte ich dagegen schon heraus sein. Selbst wenn ich mal bis zu Lillis Körper durchkomme, erwische ich nur die Flächen außerhalb ihres Rumpfes, die beim Florett nicht zählen. „In dem Fall leuchtet das weiße Licht auf. Nur wenn es grün wird, ist es ein Treffer für dich“, erklärt Hinterseer. Erwischt man allerdings die Trefferweste, muss man dies mit einem Druck von mindestens 500 Gramm tun. Dadurch werden unsaubere Aktionen, bei denen man den Gegner nur streift, ausgeschlossen. Wobei auch das bei den verschiedenen Waffen variiert. An dieser Stelle eine kleine Regelkunde, was die verschiedenen Disziplinen beim Fechten angeht. Auf Wettkampfniveau wird mit Degen (wiegt am meisten), Säbel (hier zählt der ganze Oberkörper und der Kopf als Trefferfläche) und eben Florett gefochten. Letztere gilt als die eleganteste und für den Einsteiger geeignetste Waffe und ist die Spezialdisziplin der Salzburger Kaderschmiede, die bereits Olympiateilnehmer wie Roland Schlosser oder René Pranz hervorgebracht hat. Kein Wunder also, dass sich Lilli gerade dafür entschieden hat. „Für mich ist es die komplexeste Waffe“, sagt sie. „Nicht so schnell wie der Säbel, nicht so langsam wie der Degen.“ Nachsatz mit einem Lachen: „Auch wenn man das einem Degenfechter nicht sagen sollte.“ Mir dagegen kann es gar nicht langsam genug gehen. Bei vielen Turnieren dauern Gefechte dreimal drei Minuten reine Kampfzeit mit jeweils einer Minute Pause dazwischen. Unvorstellbar bei dem Tempo, mit dem mich Lilli die 14 Meter lange Planche rauf und runter jagt. Ich signalisiere Aufgabe, doch bevor ich mich aus meiner Fecht-Kluft schäle, macht mich Lilli mit ihrer Trainingspartnerin Lucie bekannt und schlägt mir vor, mit ihr noch ein Gefecht zu machen. Zwar brennen meine Oberschenkel schon ziemlich von den vielen Ausfallschritten der letzten Stunde, trotzdem gehe ich gern auf das Angebot ein. Denn gegen eine lebensgroße Lederpuppe kann sogar der ärgste Laie ein paar Treffer landen. Das verkabelte Florett wird so gehalten, dass man mit den Fingern feine Bewegungen ausführen und aus dem Arm Kraft herausholen kann. SPORTaktiv 125

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