EWALD PUTZ (69) Der Ortsstellenleiter der Bergrettung Reichenau an der Rax (NÖ) geht seit der Kindheit in die Berge. „DER KONSUMGEDANKE NIMMT ZU: MAN KONSUMIERT EINE BERGTOUR, EINEN KLETTERSTEIG. DAS HEISST NICHT, DASS FRÜHER ALLES SUPER WAR.“ Die Rax war schon früh das „zweite Kinderzimmer“ von Ewald Putz. Fast jedes Wochenende ist er mit seinem Vater auf den Hausberg gegangen, oben in die Hütte eigekehrt. Prägend war auch eine dreitägige Dachstein-Überschreitung, die er Anfang der 1960er-Jahre, im Alter von etwa 12 mit seinem Vater unternommen hat. „Mit 15, 16 hab ich dann zu klettern begonnen“, erzählt er. Mit dem heutigen Klettern könne man das aber überhaupt nicht vergleichen. „Man ist kaum oder gar nicht abgesichert geklettert, Bohrhaken hat es keine gegeben. Wir haben Sicherungsmethoden verwendet, die heute total verpönt sind.“ Kein Wunder, dass die Gefährlichkeit einer Tour damals zur Schwierigkeitsbewertung zählte. „Man hat schon Glück gebraucht, um das zu überleben.“ Was damals sein Antrieb war? „Schon die sportliche Herausforderung, eine Art von Selbstbestätigung. Naturgenuss war bei der Art zu klettern eher weniger dabei.“ Die „Gewaltigkeit der Natur“ hat er schon empfunden, besonders eindrucksvoll in den Dolomiten oder im Gesäuse. Die 1970er- und 80er-Jahre waren für Putz dann vom klassischen Bergsteigen geprägt. Nur zwei von vielen Höhepunkten: „Eine der drei großen Nordwände – also Eiger, Matterhorn und Grandes Jorasses – war damals schon ein wichtiges Ziel, und das hab ich mir mit dem Walkerpfeiler an den Grandes Jorasses verwirklicht.“ Die Klettertour gilt als eine der bedeutendsten im Alpenraum und ist unverändert ein begehrtes Ziel für Extremkletterer. 1980 nahm der Niederösterreicher dann an einer Expedition zum 8027 m hohen Shishapangma in Tibet teil. Der 14.-höchste Berg der Welt war erst kurz zuvor für westliche Expeditionen freigegeben worden, Putz gelang 31-jährig die dritte Besteigung des 8000ers. Ein Leben für die Berge führte er auch danach – „diese Bezeichnung trifft sicher zu“. Die Einstellung veränderte sich aber im Lauf der Zeit – weg vom Leistungsgedanken, hin zur Natur. „Ich hab mich viel mit Bergfotografie beschäftigt.“ Als Fotograf und „Landschaftsbeobachter“ fällt ihm heute auf, dass es den „intakten Naturraum Berge“, von dem gern gesprochen wird, eigentlich nicht mehr in derselben Form gibt wie früher. „Ein großräumiges Landschaftsbild ohne menschliche Spuren, zum Beispiel ohne Forststraße aufzunehmen, das ist schon schwierig geworden.“ Doch das „ist, wie es ist“, meint Putz. Als Bergretter hat er naturgemäß über viele Jahrzehnte auch die weniger schöne Seite des Bergsports mitbekommen – andererseits vielen Menschen helfen können. Gerade in den jüngsten Jahren fällt ihm in dieser Rolle auch auf, dass „der Konsumgedanke schon stark zunimmt. Man konsumiert eine Bergtour oder einen Klettersteig und erwartet, dass man gerettet wird, wenn man erschöpft ist oder sich verrennt“. Andererseits: „Das klingt vielleicht negativer, als es gemeint ist. Es soll nicht so rüberkommen, dass früher alles super war und heute nicht.“ Siehe die eingangs beschriebenen Sicherungsmethoden. „Dass es heute wieder viele Menschen in die Natur und in die Berge zieht, ist schon erfreulich. Schließlich bekommt man damit, nach und nach, mehr Verständnis für die Natur.“ Foto: Privat 20 SPORTaktiv
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