MIT DEN AUGEN EINER FRAU PHÄNOMEN ODER LOGISCHE FOLGE? ZWEI BEGEISTERTE SKITOURENGEHERINNEN ERZÄHLEN UNS, WARUM FRAUEN BEI SKITOUREN LÄNGST KEINE MÄNNER MEHR BRAUCHEN UND LADIES-CAMPS BOOMEN. MÄNNER, LERNGEFAHR! CHRISTOPH HEIGL Susanne Kraft stockt der Atem. Sie steht mitten in der Liskamm-Traverse auf 4500 Metern Höhe. Es ist ein Balanceakt auf einer Rasierklinge. Der Grat auf dem Berg mit dem Spitznamen „Menschenfresser“ ist zwei Fußsohlen breit und zählt zu den spektakulärsten seiner Art in den Alpen. Links und rechts geht es viele Hundert Meter in die Tiefe. „Da darfst du dir über drei Stunden keinen Fehler erlauben. Das war sicher das Schwierigste, was ich bislang auf Bergen erlebt habe.“ Frauen wie Susanne Kraft sind in den Bergen in der Unterzahl. Noch. „Dort, wo wir unterwegs sind, begegnet man zu 80 Prozent Männern“, erzählt sie von schwierigsten alpinen Herausforderungen im Sommer und im Winter. Doch der Prozentsatz ist im Kippen begriffen. Speziell über Skitourengehen entdecken viele Frauen den Reiz der Landschaft abseits von Liften und Tourismusinfrastruktur. „Das kann ich schön beobachten, dass immer mehr Mädels am Berg auftauchen. In den letzten zwei Jahren sehen wir jetzt vermehrt Gruppen, wo nur noch Frauen miteinander marschieren.“ Selbst den Part des Anführers und Guides, die vormals letzte Bastion der Männlichkeit, übernehmen nun die Damen selbst. Beobachtungen solcher Art vom Wandern, Bergsteigen und Skitourengehen dokumentiert die Salzburger Sportwissenschafterin und Social-Media-Managerin mit ihrer Kollegin Vroni John in Wort und Bild auf www. berghasen.com. Die Faszination Skitourengehen ist – aus männlicher Sicht jedoch – hinlänglich bekannt. Der Materialfetischist labt sich an vielen Höhenmetern und Schweißtropfen, besteigt bei Wind und Wetter kühne Gipfel und wedelt als Tausendsassa zwischen Baum und Fels im Tiefschnee zu Tale. Aber was findet die Damenwelt daran so anziehend? Die Antwort: dasselbe, nur aus anderer Perspektive. Da wird die tiefverschneite Zufahrt zum Parkplatz ganz hinten im Tal schon als wohltuend empfunden, ein willkommener Abstecher vom Alltag. Die leise, monotone Bewegung beim Aufstieg. Man hört nur den Schnee unterm Fell und den eigenen Atem. „Frauen brauchen für eine tolle Tour keinen namhaften Berg“, weiß Kraft. „Das Draußensein, die Natur, das ist schon das Erlebnis für sich.“ Sportliche Frauen tragen dabei schon gerne Pulsuhr und tracken die Strecke, aber Zeit- und Leistungsdruck wie bei den Männern Fotos: Berghasen/Susanne Kraft, Gipfelreich/Egger 72 SPORTaktiv
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