Aufrufe
vor 4 Jahren

SPORTaktiv Skitourenguide 2019

  • Text
  • Skitour
  • Skitourenguide
  • Tourengeher
  • Felle
  • Bindung
  • Skitourengehen
  • Aufstieg
  • Skitouren
  • Schnee
  • Touren
  • Sportaktiv

STEIGFELLPFLEGE

STEIGFELLPFLEGE Inspizieren Wer es nicht schon am Ende des letzten Winters getan hat, sollte jetzt vor der ersten Tour die Felle einer Sichtprüfung unterziehen. Verlieren sie ihre Borsten, wie schauen Klebeflächen aus, sind Fixierhaken noch fest? Häufige Pistentouren verkürzen die Lebensdauer. Imprägnieren Neue Felle sind imprägniert, was sich daran zeigt, dass Wasser in Tropfenform abperlt. Durch Gebrauch verliert sich diese Eigenschaft, was auf Tour zu Stollenbildung führen kann und die Gleiteigenschaften verschlechtert. Lösung: Mit Spray oder Wachs aus dem Handel nachimprägnieren. Klebeflächen Sie sollen stets sauber gehalten werden – zum Reinigen gibt es im Fachhandel die jeweils passenden Mittel. Bei klassischen Klebefellen ist der Kleber von Zeit zu Zeit zu erneuern, das überlässt man am besten dem Fachhandel, wer will, kann es aber auch selbst machen. Bei Hybridfellen kann man eine schwächer werdende Klebewirkung mit eigenen Sprays wieder aktivieren. Auf Tour Vor dem Auffellen den Belag auf Verschmutzungen prüfen und entfernen. Falls Schmutz auf die Klebeschicht gelangt ist, diesen natürlich ebenfalls entfernen. Speziell für Hybridfelle gibt es eigene Reinigungstücher. Beim Zusammenlegen bei Spannklebefellen immer die Trennfolie dazwischenlegen, bei Hybridfellen ist keine trennende Schicht notwendig. Nach der Tour Die Felle aufgehängt bei Zimmertemperatur gut trocknen lassen, nicht auf die Heizung legen oder mit anderen Wärmequellen nachhelfen. Auch zu großer Kälte – zum Beispiel einer Nacht im Auto – sollten die Felle lieber nicht ausgesetzt werden. Trockene Felle im Transportsack aufbewahren. WIE ENTSTEHT EIN SKITOURENFELL? WIE VIEL KNOW-HOW STECKT DRIN? WIR HABEN BEI KOCH ALPIN IN TIROL, WO UNTER ANDEREM CONTOUR-FELLE ENTSTEHEN, HINTER DIE KULISSEN GEBLICKT. VON CHRISTOF DOMENIG SCHICHT FÜR SCHICHT Steigfelle müssen ganz schön viel leisten. In die eine Richtung sollen sie gut gleiten und in die andere das Zurückrutschen verhindern. Sie sollen sicher am Ski kleben, sich trotzdem leicht abziehen lassen. Und sie sollen auch bei harten Einsätzen wie Pistentouren möglichst lange zuverlässig ihren Dienst verrichten. Ganz schön widersprüchliche Eigenschaften. Wir wollten deshalb einmal wissen, wie Steigfelle gemacht werden, und vor allem: wie viel Know-how drinsteckt. Bei Koch alpin im Tiroler Mils wurden wir fündig. Das Unternehmen von Werner Koch fertigt seit 1975 Steigfelle, heute sind es 70.000 bis 80.000 Paar im Jahr, 3000 in Spitzenwochen – und zwar der eigenen Marke contour wie auch für die namhaften Skihersteller. Bei bloß elf Produktionsmitarbeitern ein enormer Output, der nur möglich ist, weil der Zuschnitt computergesteuert mittels moderner Lasertechnik erfolgt. „Es stimmt“, sagt Werner Koch auch gleich, „dass es nicht so einfach ist, die geforderten Eigenschaften unter einen Hut zu bringen. Die Crux dabei liegt sicher beim Kleber.“ Doch schauen wir uns die Sache „Schicht für Schicht“ an. Fotos: Koch alpin 62 SPORTaktiv

Die afrikanische Angoraziege liefert den wichtigsten Rohstoff zum Mohair-Steigfell. Plus: Impressionen aus der contour-Produktionsstätte in Mils in Tirol. Fell der Angoraziege Ein Tourenfell ist nämlich in Schichten aufgebaut. Vom Belag weg: Die Klebeschicht, es folgt ein Trägermaterial, das auch für Stabilität sorgt. Dann kommt eine wasserdichte Zwischenlage und ganz außen das Webmaterial, also das eigentlich namengebende „Fell“. Das „Leben“ eines Steigfells beginnt als Fellballen. „Mohair ist seit 40 Jahren das Material der Wahl“, sagt Werner Koch. Das Naturprodukt stammt von Angoraziegen, die überwiegend in den südlichen Teilen Afrika gehalten werden. Das herrschende trockene und raue Klima auf der südlichen Halbkugel legt den Grundstein, um Skitourengeher im Winter unserer Breiten glücklich zu machen: „Mohair ist dünn, flexibel und dennoch stabil und es bleibt auch bei Kälte geschmeidig. Von den Gleiteigenschaften gibt es nichts Besseres – bloß die Abriebfestigkeit ist nicht ideal.“ Eine Faustregel: Nach 60 bis 80 Skitouren (stark abhängig vom Einsatzbereich) müssen Felle im Schnitt ersetzt werden. Als haltbarere Alternative zu reinem Mohair sind Mischvarianten, etwa 65 Prozent Mohair und 35 Prozent Velours, gebräuchlich. Schmelzkleber, kleberlos, hybrid Womit der spannendste Teil der Geschichte noch nicht erklärt ist – das ist die Klebeseite. „Der Schmelzkleber auf klassischen Spannklebefellen funktioniert seit Jahrzehnten zuverlässig, hat aber doch einige Schwächen. Auch, weil sich die Art auf Skitouren zu gehen heute teils deutlich geändert hat“, erklärt Werner Koch. Das erstmalige Auffellen daheim funktioniere mit klassischem Schmelzklebefell nämlich gut – was sie weniger gut verkraften, sei das mehrmalige Auf- und Abfellen auf einer Tour, vor allem bei sehr tiefen Temperaturen. Für Freeridetouren mit mehrmaligen kurzen Aufstiegen ist das also überhaupt nicht ideal. Auch die Breite der Ski spielt hier mit – bei breiten Freeridelatten ist die Klebefläche entsprechend größer und der Kraftaufwand beim Lösen höher. Vor einigen Jahren hat sich die Industrie deshalb auf die Suche nach Alternativen begeben. Während andere Hersteller auf eine kleberlose Technologie setzen, die auf Silikon basiert, ist Werner Koch SPORTaktiv 63

Magazin // E-Paper