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SPORTaktiv Winterguide 2018

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DER STEFF, DIE STREIF

DER STEFF, DIE STREIF UND DIE GESUNDHEIT STEPHAN EBERHARTER HAT SKIGESCHICHTE GESCHRIEBEN. WARUM ER KURZ VOR SEINEM 50ER FROH IST, AUS DEM RAMPENLICHT GETRETEN ZU SEIN, WIE KRITISCH ER DIE ENTWICKLUNG IN „SEINEM“ SPORT SIEHT UND WIE ER VON DER ANGST VOR DER STREIF ZU PERFEKTEN ABFAHRT IN KITZBÜHEL GEKOMMEN IST. VON KLAUS MOLIDOR Fotos: Stephan Eberharter 56 SPORTaktiv

STEPHAN EBERHARTER geboren am 24. März 1969, zweimal Gesamtweltcup- Sieger, 2002 Olympia-Gold im RTL, Silber im Super-G, Bronze in der Abfahrt, dreifacher Weltmeister (Super-G 1991, 2003), Kombination (1991). Er feierte insgesamt 29 Weltcupsiege. Seine Abfahrt in Kitzbühel 2004 wurde zur perfekten Streif-Fahrt gewählt. Legenden stehen oft gar nicht auf so hohen Denkmälern, wie wir glauben. „Natürlich kannst, Steff zu mir sagen“, eröffnet Stephan Eberharter das Gespräch in St. Anton. Für seine Skifirma ist er immer noch auf Medienterminen, gibt aber auch in Seminaren seine Erfahrungen als Profi an Leute aus der Wirtschaft weiter und geht vor allem immer noch sehr gerne Ski fahren. Neben Olympia-Gold im RTL 2002, drei WM-Titeln und zwei Siegen im Gesamtweltcup hat er einen besonderen Erfolg in der Tasche: Seine Siegesfahrt auf der Streif in Kitzbühel 2004 wurde zur besten Streif-Abfahrt aller Zeiten gewählt. Steff, bist du traurig oder froh darüber, die Streif nicht mehr im Renntempo bezwingen zu können? Na, Trauer ist es nimmer, dafür ist es zu lange her. Es war eine tolle Sache, solange ich Rennfahrer war – bis 35 mit Leib und Seele. Wenn du im Sommer aber nicht mehr zu 100 Prozent trainieren kannst und nicht mehr 100 Prozent Risiko eingehen kannst, dann hast du keine Chance. Die Streif und du, das ging ja von Angst bis Rekord. Kitzbühel, die Abfahrt, das war bei mir generell immer so eine Hassliebe. Ich wollte eigentlich nie Abfahrer werden. Das wissen die wenigsten. Aber bei meinem Comeback Mitte der 1990er-Jahre bin ich wieder in der Abfahrt eingestiegen und war plötzlich schnell. Am Ende ist das die erfolgreichste Disziplin geworden. Als 21-Jähriger hatte ich aber Angst und wollte da auf keinen Fall runterfahren. 2004 dann diese legendäre Abfahrt mit diesem großen Vorsprung. Wo ich oben gestanden bin und gedacht hab: So, jetzt knall ich einen obi. Auch angespannt bis zum Letzten, das war nicht im Vorbeigehen, aber dann doch zu wissen, das passt. Was war das am Start? Angst oder Respekt? Mehr Respekt. Wenn du Angst hast, darfst dich dort nicht hinstellen. Aber der Respekt und das Wissen darum, dass etwas passieren kann und deshalb nie locker zu lassen, immer in der Konzentration drinnenzubleiben, den Fokus zu haben, das macht es aus. Man sagt immer, man muss das Hirn ausschalten und Augen zu und durch. Die Wahrheit ist eine ganz andere. Du kannst bei solchen komplexen Aufgaben nie deinen Kopf ausschalten. Das ist einfach ein dummer Spruch, der nicht stimmt. Die Zentrale da oben ist höchst gefordert. Da trennt sich dann oft die Spreu vom Weizen. Wer hat diese mentalen Fähigkeiten, wenn es zählt, gut drauf zu sein und noch einen draufzusetzen? Nach der Karriere hast du dich ziemlich weit entfernt vom Skiweltcup. Hattest du genug von dem ganzen Zirkus? Ich war gesättigt. Ich hab das ja nicht erst seit meinem 20. Lebensjahr gemacht. Man darf ja die Jahre davor nicht vergessen, bevor man bekannt wird. Da ist viel auf der Strecke geblieben. Natürlich war viel Tolles dabei, aber vieles ist auf der Strecke geblieben. So wie das Soziale. Die Freundin – musste immer hinten anstehen. Kinder – haben warten müssen. Ein eigenes Heim gründen – die Mittel waren zwar immer da, aber die Zeit nicht. Es ist ganz wichtig, ein soziales Leben zu haben. Ich bin heute heilfroh, das zu haben. Und ich hätte SPORTaktiv 57

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